CD Kritik Progressive Newsletter Nr.59 (05/2007)

Pentwater - Ab-Dul
(60:24, Privatpressung, 2007)

Eigenartige Cover können manches Mal genau das Gegenteil der beabsichtigten Aufmerksamkeit bewirken. So flog "Ab-Dul" erst einmal in die Ecke, da der eigentliche Bandname recht undeutlich über dem sehr kindischen und farbenfrohen Artwork prangte. Erst einige Tage später fand sich dann diese Scheibe doch noch nach der Abarbeitung des sonstigen Promostapels im CD Player wieder: In Erwartung von durchgeknallter Musik der betont lustigen Art, erklang auf einmal völlig überraschend richtig schöner Retro Prog im 70s Sound. Ein genauer Blick aufs Cover und siehe da: es handelt sich bei "Ab-Dul" nicht um den Band- sondern um den Albumnamen und das leicht zu übersehende Gekrakel ließ sich als Pentwater entziffern. Der Schein trügt nicht: Pentwater gehörten in den 70ern zum progressiven Underground auf dem nordamerikanischen Kontinent und veröffentlichten 1977 lediglich ihr selbstbetiteltes Debüt. Bereits in den 90ern grub Syn-Phonic mit "Out of the abyss" diverses Archivmaterial aus früheren Jahren aus, "Ab-Dul" ist nun eine weitere Aufbereitung alten Materials, garniert um zwei neue, im Jahr 2006 eingespielte kurze, aber eher zu vernachlässigende Songfragmente. Dennoch handelt es sich keineswegs um die Veröffentlichung minderwertigen Materials, vielmehr wurden zum Teil neuere Einspielungen in die alten Aufnahmen harmonisch integriert und auch der Sound restauriert, womit das Material aus den Jahren 1973-78 eine gelungene Mischung aus alt und neu darstellt. Pentwater bieten klassisch inspirierten, sinfonischen Progressive Rock, der sich qualitativ durchaus mit anderen Bands aus jener Zeit messen kann. Und auch der Schein, dass es sich hier lediglich um Resteverwertung handelt, trügt. Schließlich hatte man in den 70ern jede Menge Material eingespielt und nur die Pleite der Plattenfirma zwang die Band letztendlich dazu, nur einen Teil ihres Repertoires in Eigenverantwortung herauszubringen. "Ab-Dul" enthält zwar 17 Titel und verzichtet gänzlich auf ausufernde Longtracks, doch der Band gelingt es, ihr spielerisches und kompositorisches Können in 3-6 minütigen Liedern unterzubringen. Hinzu kommen noch einige Solonummern, wie auch kürzere Fragmente, die aber mehr zur inhaltlichen Auflockerung dienen. Der Sound von Pentwater ist vor allem gekennzeichnet von einem an Chris Squire erinnernden Bass-Spiel, wie auch diverse analoge Keyboardsounds (vor allem jede Menge Orgel), sowie gelegentliche Flötentöne für eine wunderbare instrumentale Mischung sorgen. Insgesamt orientieren sich Pentwater mehr an den britischen Vorbildern (Yes, Gentle Giant), einen eher lockeren, leichtfüßigen Ansatz, wie bei anderen amerikanischen Bands, findet man hier nicht. Klar, klingt ein Teil des Materials mitunter richtig angestaubt und auch klanglich angetagt, dadurch aber wesentlich authentischer, als einiges, was heutzutage auf alt getrimmt wird. Ein schöner Nostalgietrip für die Liebhaber des originalen 70s Sounds.

Kristian Selm



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