CD Kritik Progressive Newsletter Nr.59 (05/2007)
Opus Est - Opus II
(74:42, Musea, 1979-1980 und 1983-1984)
Dramatische Miniepen mit euphorisch-majestätischem Keyboardklang, jubilierender Gitarre und pathetischem Gesang stehen für die melodische Schule der progressiven Rockmusik, die in der ersten Hälfte der 80er Jahre den britischen Neo Prog Sound prägte. In der Tradition von Yes und vor allem Genesis wurde in euphorisch-dramatischen Klangbildern einem pompösen Symphosound gehuldigt, der bei allem Überschwang und Theatralik auch einen romantischen Unterton nicht außer Acht ließ. Opus Est waren im Jahr 1979 bereits vor den Neo Prog-Heroen von der Insel im von schwelgerischem Überschwang dominierten Symphonic Rock angelangt, der ohne die üblichen Popelemente der ausgehenden 70er Jahre noch ganz auf die symphonische Schiene setzte. Dieses Festhalten am opulenten Artrock führte fast zwangsweise zu einem moderneren Soundgefüge, ohne sich dem damals aktuellen Zeitgeist unterzuordnen. Bereits der Opener "The Seeing Eye - The God" als erster Abschnitt des vierteiligen "Four Metamorphorses Of A Face" kommt mit dynamisch-breitflächigem Synthiebombast daher, der zusammen mit entrückter Saitenbearbeitung von leicht euphorischem Gesang lebt. Opus Est klingen hier und in den nachfolgenden Teilen fast schon wie die Keimzelle der romantischen Neo Prog-Herrlichkeit. Ohne sich von den veränderten musikalischen Vorlieben der Allgemeinheit zu beeindrucken, hatten sich die jungen Schweden eine eigene Nische geschaffen. Im voluminösen Symphonic-Überschwang haben Opus Est den Ursprungsgedanken der symphonischen Rockmusik nicht verleugnet, sondern lediglich erneuert und entschlackt. Vor allem die Stimme von Sänger Håkan Nilsson erinnert in ihrem klaren Pathos ein wenig an Stuart Nicholson in Diensten von Galahad zu Zeiten von "Nothing Is Written". Zur Hälfte wurden die Parts von "Four Matamorphoses Of A Face" im Jahr 2004 neu aufgenommen, während die andere Hälfte auf Originalaufnahmen aus dem Jahr 1979 zurückgreift. Rein soundtechnisch sind hier kaum irgendwelche Unterschiede feststellbar, was dem homogenen Pomp dieses gelungenen Einstiegs zugute kommt. Freunde des euphorischen Schönklangs kommen hier trotz gewisser klanglicher Abstriche auf jeden Fall auf ihre Kosten und bekommen den Beweis dafür erbracht, dass der Neo Prog nicht zu Beginn der 80er Jahre so einfach vom britischen Himmel gefallen ist. Im Gesamteindruck wird die Qualität des 1983 veröffentlichten Album "Opus I" übertroffen. In den Jahren 1983 und 1984 hatte aber auch die Schweden Opus Est der poppigere Sound der 80er Jahre erreicht, wobei sich aber breitflächiger Keyboardüberschwang noch dagegen stemmen zu schien.
Horst Straske
© Progressive Newsletter 2007