CD Kritik Progressive Newsletter Nr.59 (05/2007)

Lazuli - En avant doute...
(41:58 + DVD, Musea, 2006)

Lazuli ist ein Name, der bereits seit einigen Monaten immer wieder an meiner Aufmerksamkeit und im imaginären Augenwinkel vorbeispukte. Ging es um begeisterte Konzertberichte (u.a. im Aschaffenburger Colos-Saal oder beim Baja Prog Festival) oder waren es euphorische Kommentare aus dem exklusiven Progzirkel (schönen Gruß an Herrn Meurer!), der Name Lazuli blieb irgendwie in der Erinnerung haften. Mit ihrem dritten Album sind die Südfranzosen nun bei Musea gelandet und vielleicht bekommen sie nun die Aufmerksamkeit, die die bereits seit 1998 existierende Band verdient hat. Denn, um es gleich vorwegzunehmen, ihre Musik gehört sicherlich zum Interessantesten und Spannendsten, was in den letzten Jahren aus dem Prog-nahen Grenzbereich veröffentlicht wurde. Deswegen verwundert es auch nur wenig, dass die Band sogar den Wettbewerb für eine Einladung zum Montreux Jazz Festival gewann. Dass man sich beim aktuellen Werk u.a. mit dem Schlussteil von "Capitaine cœur de miel" an eine Coverversion der französischen Legende Ange wagte (vom 77er Album "Guet-apens"), macht schon ungefähr klar, wohin sich Lazuli musikalisch bewegen. Ihr francophil getriebener Art / Progressive Rock ist mehr in modernen Gefilden angesiedelt und kommt dazu noch erstaunlicherweise komplett ohne Keyboards aus. Dafür hat das Sextett aber ein dichtes Geflecht an Instrumenten am Start, bestehend aus Warr Guitar (einer Mischung aus Chapman Stick und Gitarre), der eigens entwickelten Léode (eine Art Touch Chapman Stick), sowie u.a. Vibraphon, Marimba und diverse Percussionsinstrumente, was im Zusammenspiel für einen sehr differenzierten Sound sorgt. Vor allem die sehr emotionale Note, der expressive, recht hohe, typisch französische Gesang - was in unseren Breiten mitunter Chanson Erinnerungen weckt, aber bei genauer Betrachtung einen persönlichen Rock-Ansatz darstellt - verleiht der Musik seine ganz eigene Note. Auch kommen Lazuli fast ohne irgendwelche zu ausschweifenden Soloparts aus. Doch wenn dann doch die Saiteninstrumente heulen, dann umso intensiver und tief greifender. Es ist meist ein dichtes Instrumentengeflecht und ein spannender, durchaus packender Songansatz, der die neun Songs auf "En avant doute..." dominiert. Auch dadurch, dass hier keineswegs klanglich in der verstaubten Vergangenheit gesuhlt wird, klingen Lazuli erstaunlich frisch und aktuell. Wer seinen Progressive Rock durchaus neu, dynamisch beschwingt und zeitgemäß mag, wird bei Lazuli auf jeden Fall richtig bedient. Und wer noch etwas mehr über diese interessante und überaus sympathisch-chaotische Band (oder die Léode) erfahren möchte, der bekommt auf der dem Doppelpack zur CD gleich noch dazu gelieferten DVD genügend Gelegenheit. Ein tolles Album!

Kristian Selm



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