CD Kritik Progressive Newsletter Nr.59 (05/2007)

Bill Brovold and Larval - Surviving death / Alive why?
(53:25 + 58:06, Cuneiform, 2007)

Wunderbar, dass einen die Avantgarde Bands immer wieder aus den eingefahrenen Hörgewohnheiten herauslocken. Nun gehört Gitarrist Bill Brovold und seine Band Larval zum Glück nicht zum ganz starken Kaliber der avantgardistischen Experimente, denn trotz einer umfangreichen, rein instrumentalen Besetzung (die bis hin zu Saxophon, Violine, Pauken reicht), wirkt vieles doch eher sparsam, unaufdringlich, aber sehr intensiv, bauen die Songs hauptsächlich auf langsame, atmosphärische Steigerungen und Soundwälle, die man vom Post Rock her kennt. Eine unterschwellige schräge und sperrige Note ist aber unverkennbar. Andererseits offenbart diese Doppel CD auch, welche Power und Gewalt in diesem Ansatz stecken kann. Denn während die erste CD, das Studioalbum "Surviving death", doch vor allem auf die mehr unterschwelligen Momente setzt, entfaltet sich auf der zweiten CD, einem Livemitschnitt, der aus mehreren Quellen stammt und einen Zeitraum von sieben Jahre umfasst, die volle, mitunter sogar aggressive Wirkung dieser vielköpfigen Besetzung (im Laufe der letzten Jahre gaben sich über 45(!) unterschiedliche Musiker die Klinke in die Hand). Noch viel mehr als auf den Studioaufnahmen wechseln sich kontrollierte, besinnliche Passagen mit dem kompletten, ungebändigten Chaos ab, um nach einiger Zeit der Desorientierung wieder zur Ordnung zurückzufinden. In den großen Momenten spielt ein Teil der Instrumente nur wechselnde Akkorde, während darüber vor allem Bill Brovold völlig überdreht und komplett zerhackstückt seine Soli herausspuckt. Die Balance bzw. Collage aus versöhnlichen Augenblicken, Minimalistik und gewalttätigem Klangchaos ist natürlich gewollt und dementsprechend gut austariert. Ob nun Jazz, Avantgarde bzw. Chamber Rock, Post Rock oder auch Progressive Rock, der bisweilen an die Wetton/Bruford -Phase von King Crimson erinnert, dieses Album schafft vor allem spannende Stimmungen, die ob lieblich oder fordernd ihre Wirkung niemals verfehlen.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 2007