CD Kritik Progressive Newsletter Nr.59 (05/2007)

Kraan - Psychedelic man
(48:32, EMI, 2007)

Hat in den oberen Etagen der großen Plattenlabels doch inzwischen ein gewisser Umdenkungsprozess stattgefunden? Denn wie sonst lässt es sich erklären, dass Kraan auf einmal beim Major EMI erschienen und eigens für die Veröffentlichung von "Psychedelic man" auch noch gleich das legendäre Harvest Label wieder belebt wurde? Wie dem auch sei, rund vier Jahre nach dem guten und hörenswerten Comeback Album "Through" fliegen die Kraaniche mal wieder mit einem neuen Album durch die Lande und werden begleitend dazu ebenfalls auf Tour unterwegs sein. Doch während "Through" in relaxter Weise sehr oft vor allem an die späten 70er erinnerte, ist "Psychedelic man" weitaus vielschichtiger und auf die ersten Hördurchgänge aktueller, rockiger, zum Teil irgendwie untypischer für die Band ausgefallen. Tracks wie der Opener "Come back" oder "Disbanned shake" klingen eher nach zeitgemäßem Alternative Rock, denn dass sie an den für Kraan typisch groovigen Jazz Rock erinnern. Andererseits dokumentiert dies natürlich auch, dass hier keine Band unterwegs ist, die nur nach dem Altenteil schielt, sondern man immer noch Einflüsse aus dem Hier und Jetzt aufgreift. Andererseits ist "Psychedelic man" zu weiten Teilen von einer sehr lässigen Atmosphäre durchzogen, sorgen einige leichtfüßig rhythmisch schwebende Instrumentals, wie z.B. "Dakkar", "Luft und Liebe" oder "Colourcave" für den nötigen Ausgleich. Insgesamt wuchern die 11 Songs des aktuellen Albums nicht unbedingt mit virtuosen oder schnellen Taktwechseln oder Sololäufen, ganz im Gegensatz dazu, was Kraan immer noch auf der Bühne in Perfektion bieten. So kommt "Psychedelic man" zwar nicht an die Klasse von "Through" bzw. älteren Alben heran, dennoch ist dieses Album von einer angenehmen unaufgeregten Stimmung durchströmt, merkt man dem qualitativ auf hochwertigem Niveau spielenden Quartett an, dass sie immer noch recht viel Spaß beim gemeinsamen Musizieren haben. Einen besonderen Bonus bietet zudem die limitierte CD / DVD Auflage. Die DVD enthält einen rund einstündigen Mitschnitt vom legendären Finkenbach Festival 2005. Hier wird einmal mehr deutlich, was Kraan vor allem auszeichnet: sie sind einfach eine fantastische Liveband. U.a. mit Gast Mani Neumaier (Guru Guru) werden Klassiker wie u.a. "Kraan Arabia", "Nam Nam" oder "Borgward" in ausgiebigen Version geradezu mitreißend zelebriert. Gerade diese Bonusdreingabe macht dieses Album zu einem lohnenswerten Mix aus Alt und Neu.

Kristian Selm



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