CD Kritik Progressive Newsletter Nr.58 (02/2007)

Tinyfish - Tinyfish
(47:19, Lazy Gun Records, 2006)

Sie bezeichnen sich selbst als "der Welt kleinste Progressive Rock Band", was wohl hauptsächlich auf ihren Namen (Tinyfish = winziger Fisch), denn auf ihre körperliche Größe und musikalischen Fähigkeiten zurückzuführen ist - klassischer britischer Humor eben. Bei den Einflüssen der seit 2004 aktiven Band gibt man sich dafür keineswegs kleinlich, denn die Inspiration reicht von üblichen Verdächtigen, wie King Crimson, Genesis, Rush oder Marillion hin bis zu einem Sammelsurium aus Frank Zappa, The Tubes, Queens Of The Stoneage, Thin Lizzy, XTC, Queen und Brian Eno. Wer nun vermutet, dass man all diese Einflüsse auch in der Musik des britischen Quartetts wieder findet, sieht sich dann doch gewaltig getäuscht, denn einen Großteil der Namen kann man nicht einmal ansatzweise in der eher grundsoliden Musik von Tinyfish wieder finden. Es herrscht somit vielmehr britischer Rock / Progressive Rock melodischer, aber moderner Prägung vor, jedoch mit einer ganz eigenen, frischen Note. Dabei braucht der Vierer nicht unbedingt ausladende Songstrukturen, bei der Band aus Südlondon reichen auch mal vier Minuten (einzig das über 12-minütige "All hands lost" bildet die Ausnahme), um musikalisch alles zu sagen. Genauso wenig werden hier eben nicht nur einfach die üblichen Progklischees bedient, vielmehr lugt wesentlich häufiger relaxte Rockatmosphäre hervor, eben nur mit einem Schuss Bombast, sorgsamen Rhythmuswechseln bzw. instrumentalen Ausschmückungen versehen. Tinyfish sitzen gewissermaßen zwischen den Stühlen, denn für den "normalen" Rockbereich (in dem sie zuerst in diversen Clubs ihr Glück versuchten) sind ihre Songs zu verschachtelt, für den Progbereich jedoch bisweilen einfach zu geradlinig. Doch schließlich geht es bei eigener Musik und dem "Prog" Stempel nicht nur darum, Erwartungen zu befriedigen, jede Band sucht letztendlich in diesem stilistisch sehr weitgreifend angelegten Bereich ihren eigenen Weg. Das titellose Debüt von Tinyfish ist somit in erster Linie der Versuch, modernen, keineswegs angestaubten Rock / Progressive Rock der melodischen Art zu spielen. Dafür spricht auch der songorientierte Ansatz der Band, da man sich eben nicht in Instrumentalwechseln und Komplexität verliert, sondern immer das Augenmerk auf griffige Eingängigkeit ohne mainstreamige Plattitüden gerichtet hat. Das Gesamtresultat ist nicht unbedingt spektakulär, aber auf seine Art stimmig, passend und vor allem gut anzuhören. Auf der bandeigenen Homepage und verlinkten Seiten zu myspace.com und cdbaby.com kann man sich davon selbst überzeugen.

Kristian Selm



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