CD Kritik Progressive Newsletter Nr.58 (02/2007)
SBB - Karlstad Live
(70:04, Metal Mind, 1975)
Rein improvisierte, spontane Musik, und dann noch knapp 45 Minuten ohne jegliche Pause. Kann so etwas gut gehen oder kommt dabei nur sinnloses Gedudel heraus? Bei SBB geht so etwas gut und so muss die Antwort lauten, dass es wohl kaum ein anderes Livealbum mit dem gleichen Ansatz gibt, das auf solch faszinierende Weise drei Könner beim spontanen Komponieren präsentiert. Entweder hatten SBB einen ganz besonderen Tag bei diesem Auftritt anno 1975 im schwedischen Karlstad oder es muss etwas anderes Magisches in der Luft gelegen haben. Während z.B. Grobschnitt ihr Prachtwerk "Solar Music" über die Jahre immer weiter entwickelten, sie dieses aber doch auf einige wiederkehrende Themen aufbauten, findet man bei SBB fast ausschließlich Einfälle, die auf dieser Weise keine Wiederkehr in der späteren Diskografie fanden, sondern nur einen kurzen Moment präsent waren. Das macht natürlich dieses Album zu einer wahren Entdeckungsreise in den Ideenreichtum des polnischen Trios, dokumentiert aber auch das perfekte Zusammenspiel zu jener Zeit. Hinzu kommt, dass sich vor allem Józef Skrzek auf dem geliehenen Equipment (vor allem fette Hammondsounds) so richtig austoben konnte, passen auch seine improvisierten englischen Sprachfetzen bestens zum spannenden Miteinander. Hier hört man wirklich Musik, die lebt und atmet, die den problemlosen Brückenschlag zwischen Progressive / Jazz Rock und Blueswurzeln schafft. Derzeit ist dieses Album als limitierte 1000er Pressung im Digipack erhältlich. Zudem sind zwei weitere Titel enthalten, zum einen "Na pierwszy ogien" (15:24), was es in der Studioversion auf gerade mal knapp 4 Minuten bringt und "Figo-Fago" (10:23), was von Aufbau und Tempo etwas an Ten Years Afters legendäre Woodstock Version von "I'm going home" erinnert.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2007