CD Kritik Progressive Newsletter Nr.58 (02/2007)

Lucas, White & Edsey - LWE
(53:42, ProgRock Records, 2006)

Keyboarder Frank Lucas, der Kopf von Lucas, White & Edsey, hat bei Jordan Rudess in New York studiert, sämtliche Songs des Banddebüts stammen aus seiner Feder. Wie Jordan Rudess, der solistisch und in diversen Projekten gern zeigt, dass er ein Harmonieteufel ist und es blumig und lyrisch wie verrückt liebt, gießt Frank Lucas herzschmerzende Pianotropfen butterweich in die unwillige Hörmembran. Progressive Rock war einst eine fortschrittliche Sache; die heutige Zeit, die ihre Musiker insgesamt weitaus konservativer und weniger künstlerisch abstrakt prägt, macht auch aus Progressive Rock eine erschreckend banale und harmoniesüße Sache. Lucas, White & Edsey spielen Symphonic Rock mit klassischem Einschlag und konkreten Einflüssen von Emerson, Lake & Palmer, zudem gibt es leichte Fusion Tendenzen. Doch selbst in den aufregendsten und disharmonischsten Motiven, wenn das Trio mal nicht im gemächlichen Trab die Gegend abgrast, bleibt die Stimmung sonnendurchflutet und blumig. Die Welt durch die Gute-Laune-Brille gesehen. Die Jungs machen Therapiemusik für von Depressionen gepeinigte Mitmenschen, oder wie im Fall des 6. Tracks, "The Nightcap", naive Fernsehpausenmusik. "Hasta Mañana" ist ein knuffiges und kitschiges Bar-Amüsement zum Mitschunkeln. Da funktioniert Progressive Rock gar im Altenheim, sogar an meine Zukunft ist gedacht. Jedoch - ich erschieß mich lieber und wenn die Flinte nass ist, brauche ich nach der Kummerstunde mehrere CDs von Dr. Nerve, um den Butterberg aus dem Kopf zu bekommen Chuck White (dr) und Steve Edsey (b) sowie Gast Edgar Gabriel (vi), der in drei Tracks zu hören ist, machen ihre Sache technisch sehr gut, was den Gesamteindruck jedoch nicht rettet. Frank Lucas sollte seine Fähigkeiten in Ambient Music anlegen, da dürfte er weitaus mehr potentiellen Erfolg einfahren. Selbst für symphonischen Classic Rock, der von Natur aus einen Hang zum Lieblichen hat, ist seine Intention deutlich zu harmonieverliebt.

Volkmar Mantei



© Progressive Newsletter 2007