CD Kritik Progressive Newsletter Nr.58 (02/2007)
Kenso - Utsuroi Yuku Mono
(61:01, King Records, 2006)
Eine zeitlang veröffentlichten Kenso aus Kostengründen fast ausschließlich Livealben, doch in den letzten Jahren gab es in losen Jahresabständen auch immer wieder neue Studioalben der japanischen Jazz / Prog Rock Veteranen. Gleichzeitig bescherten sie den Fans eine gewisse Umorientierung, denn die doppelte Keyboardladung wurde zu Gunsten der Gitarre immer mehr zurück gedrängt, wobei man aber mittlerweile eine sehr fesselnde Symbiose der instrumentalen Abwechslung gefunden hat. Leider ist jedoch ein Großteil des Backkatalogs, wie auch das aktuelle Album, in unseren Breiten zum Großteil nur zu sündhaft teuren Japanimport Preisen erhältlich. Wirklich schade, denn die Band gehört immer noch zum Besten, was es im Fusionbereich aus Jazz Rock und Progressive Rock zu hören gibt. So ist auch "Utsuroi Yuku Mono" (aufgrund mangelnden japanischen Schriftsatzes greife ich auf die Umsetzung in die europäische Buchstabenwelt zurück), wieder eine Sammlung von eindrucksvollen Kunstfertigkeiten und Kabinettstückchen, wobei Kenso wieder mit jeder Menge Druck, aber auch einer gewissen spielerischen Leichtigkeit agieren. Der Jazz Rock von Kenso weist viele sinfonische Schlenker auf, die beiden Keyboards und die Gitarren spielen sich elegant durch jede Menge wuselige Rhythmen. Großer Vorteil bei dem japanischen Quintett: trotz aller anspruchsvollen Arrangements verlieren die Stücke nie ihre Richtung und vor allem wissen sie, wie man ordentlich, ohne den erhobenen Zeigefinger, rockt. Genauso bleibt aber auch Zeit für ruhige, besinnliche Momente, reichen die Einflüsse hin bis zur Klassik. Zudem wagt man nicht nur mit dem Artwork, das eine japanische(!) Bauchtänzerin zeigt, den kulturkreisübergreifenden Brückenschlag. Mit zuweilen seltsam exotischem Instrumentarium lugt die Weltmusik quer über alle Kontinente immer wieder mal vorbei, ohne dabei auf irgendeine Weise angestrengt zu wirken. Besonders apart und durchaus gewöhnungsbedürftig dabei die Idee, einige Songs mit Flamenco Rhythmen mit dem dazu passenden, expressiven Gesang zu verfeinern, nur dass dieser eben von einer japanisch(!!) singenden Gastsängerin vorgetragen wird. Sozusagen: der Osten trifft auf den Westen in völlig neuer Ausprägung. Dumme Sache eigentlich, dass auch dieses Album wieder mal nur für Leute mit dem dicken Geldbeutel vorbehalten ist, aber vielleicht stößt die immer wieder begeisternde Musik von Kenso doch noch bei einem europäischen Vertrieb auf offene Ohren.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2007