CD Kritik Progressive Newsletter Nr.58 (02/2007)

iX - Ora Pro Nobis
(54:39, Musea, 2006)

Venezuela hat sich in den letzten Jahren zu einer der aufstrebenden musikalischen Kräfte in Lateinamerika gemausert. Dabei verbindet man die progressive Musik vor Ort vor allem mit einem Namen: Tempano. Und so sind auch bei iX - mehr oder minder ein Soloprojekt des aktuellen Tempano Keyboarders Giuglio Cesare Della Noce - jede Menge seiner Bandkollegen sowie diverse Gastmusiker mit von der Partie. "Ora Pro Nobis" lebt vor allem von seiner inhaltlichen Vielfalt und Unvorhersehbarkeit, seiner nicht eindeutig zuordenbarer Stilistik. Denn sowohl orchestrale, sinfonische oder sakrale Momente, wie auch jazziger und kammermusikalischer, ja sogar poppiger Einfluss sind hier zu finden, wie man gelegentlich ebenfalls mit diversen Sounds und Geräuschen spielt. Zudem vertraut Della Noce nicht auf die üblichen Retroanklänge und gänzlich bekannte Anleihen an die 70er, nimmt er sich ebenfalls an den Tasten wohltuend zurück und überlässt anderen Solisten an Gitarre, Bass oder Trompete das Feld. Der inhaltliche Ansatz versucht mit modernen Elementen den Brückenschlag zwischen Vergangenheit und Moderne zu schaffen, ohne eben auf leidlich bekannte Klischees zu bauen, was über weite Strecken eine durchaus interessante Symbiose entstehen lässt. Stellenweise erinnert der Ansatz an Isildurs Bane, auch wenn bei iX musikalisch etwas anderes entsteht. So stehen hier schräge Einfälle neben feiner Melodik, sorgen hin und wieder einige anspruchsvolle, landestypische Einflüsse für eine südamerikanische Note, selbst kleinere Flamenco Schnipsel geben sich ein Stelldichein. Schade nur, dass einige Keyboardsounds stellenweise zu synthetisch, fanfarenhaft daherkommen, dem Schlagzeug der rechte Druck fehlt, während ansonsten ein stimmungsvoller, recht dramatischer und variationsreicher Klangteppich gewoben wird. Auch die wenigen Gesangspassagen sorgen für einen inhaltlichen Ausgleich, während die Gitarren mitunter zu einer leicht härteren Spielweise tendieren. So entwickeln sich recht breit gefächerte Dynamik- und Spannungswechsel, bei denen man mitunter nur so etwas wie einen roten Faden vermisst, alles mehr oder weniger von einer sinfonischen, leicht verspielten Grundsubstanz zusammen gehalten wird. Dennoch: ein interessanter Versuch, aus den allseits bekannten Versatzstücken und Schemata auszubrechen.

Kristian Selm



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