CD Kritik Progressive Newsletter Nr.58 (02/2007)
Guru Guru - Don't call us (We call you)
(68:35 + 68:24, Revisited Records, 1973)
Guru Guru - Shake well
(53:23, Revisited Records, 1990)
Guru Guru - Wah Wah
(53:23, Revisited Records, 1995)
Die Reise in die mehr oder minder aktuelle Vergangenheit von Guru Guru geht in die nächste Runde. In der Reihe der Reissues von Revisited Records, die im November 2006 veröffentlicht wurden, gehören dieses Mal die Alben "Don't call us (We call you)" (1973), "Shake well" (1993) und "Wah Wah" (1995). So umfangreich der Backkatalog der Band, so unterschiedlich auch die musikalische Qualität und stilistische Vielfalt. Denn leider handelt es sich bei allen drei Veröffentlichungen nicht gerade um die musikalischen Meilensteine aus dem Backkatalog der sich musikalisch und besetzungsmäßig ständig wandelnden Mannschaft um Mani Neumeier. "Don't call us (We call you)" entstand zwar noch zu einer Zeit als musikalische Wagnisse an der Tagesordnung waren, doch schienen Guru Guru anno 1973 in eine spielerische Sackgasse geraten zu sein. Der ehemals euphorische Krautrock und die ausgiebigen Improvisationen waren nur noch ein Schatten ihrer selbst, so dass das Material auf diesem Album irgendwie recht orientierungslos und erstaunlich fad wirkt. Ganz im Gegensatz zum ein Jahr später erschienenen Meilenstein "Dance of the flames", der mit neuer, wenn auch kurzlebiger Besetzung ein Feuerwerk an mitreißendem Jazz Rock im Stil von Mahavishnu Orchestra ablieferte. "Don't call us (We call you)" dümpelt irgendwie zwischen Krautrock, allen möglichen Stilarten von Country, Rock, Blues, schamanenartiger World Music bis hin zu Jazz Rock hin und her, ohne jedoch eine einheitliche Richtung zu finden. Immerhin wartet das Reissue auf der zweiten CD mit einem Bootleg in ordentlicher Soundqualität vom "German Rock Festival 1973" auf, das auf der Bühne eine ganz andere, vor allem sehr ausgiebig improvisierende Formation präsentiert. Rund 17 Jahre später sind Guru Guru mal wieder in veränderter Triobesetzung ins Studio gegangen, wobei man mit Bassist Razem Rübel endlich über einen passablen Sänger verfügte. Doch die inhaltlich unterschiedlichen Ansätze des Dreiers spiegeln sich ebenfalls in der Musik wider, die zwischen netten Rock / Blues Nummern und schrägen Instrumentalparts hin- und herwandert. Hinzu kommen noch mit dem Elvis Presley Heuler "Teddy Bear" und "Mystery train" zwei eigenwillige Coverversionen, die zwar das recht durchschnittliche Album bereichern, aber nicht retten können. Einziger positiver Ausreißer bleibt das spacige, ausladende "Space Baby", das sich auch heute noch in einer recht sphärischen Interpretation im Liveprogramm der Band wieder findet. Das 1995er Werk "Wah Wah" bekommt schon mal einen Originalitätspreis wg. des Artworks verliehen, auch wenn sich Mani Neumaier hier aus einem Bildband bediente. Leider ist der Inhalt des Albums weit weniger originell geraten, die ehemals spaßigen Texte können nur noch selten ein echtes Schmunzeln hervorlocken, und auch die Musik ist weit mehr im überraschungsarmen Rock / Hard Rock / Jazz Rock Mainstream verhaftet, als man dies von Guru Guru in der Vergangenheit gewohnt war. Da hin und wieder doch noch der wache und experimentierfreudige Geist geweckt wird, Guru Guru auch auf weltmusikalisch interessanten Spuren wandeln, scheint nicht alle Hoffnung verloren. Doch glücklicherweise harren ja noch einige Albenperlen aus den 70ern ihrer Wiederveröffentlichung, so dass diese drei Reissues eher als dokumentarisch wertvoll abzuhaken sind.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2007