CD Kritik Progressive Newsletter Nr.58 (02/2007)

Jim Gilmour - Great escape
(57:19, ProgRock Records, 2006)

Als Keyboarder von Saga kennt man ihn bereits seit über zwei Jahrzehnten, als Solokünstler ist "Great escape" jedoch erst die zweite Veröffentlichung von Jim Gilmour. Wie zu erwarten, dominieren logischerweise auf diesem Album die Tasten in den verschiedensten Ausprägungen. Die zehn Songs sind zur einen Hälfte rein instrumental, zur anderen Hälfte mit der angenehmen, wenn auch recht hohen Stimme des gebürtigen Schotten unterlegt. Im Gegensatz zu seiner Stammband gibt sich Gilmour als Solist weitaus mehr im reinen Progressive Rock verwurzelt, sorgen bisweilen rege Rhythmuswechsel und virtuose Sololäufe für eine wesentlich expressivere, verspieltere Note. Liegt vielleicht auch daran, dass ProgRock Records Boss Shawn Gordon Gilmour auf die Idee für dieses Soloalbum brachte und ihn mehr in diese stilistische Richtung steuerte. Dabei sind vor allem die Gesangstitel eher im Fahrwasser von Saga angelegt, wobei natürlich ohne dominante Gitarre ein wesentlicher Bestandteil des typischen Sagasounds fehlt. A propos Gitarre: mit John Bianchini ist ein Mann an den Saiten als Gast dabei, der sich jedoch vornehm zurückhält und recht selten seine Anwesenheit dokumentiert. Zur rhythmischen Unterstützung sind abwechselnd zwei Schlagzeuger aktiv (u.a. der ehemalige Saga Schlagzeuger Christian Simpson), die jedoch nicht darüber hinwegtäuschen können, dass der Drumsound einen irgendwie sehr klinisch kalten Touch abbekommen hat. Doch genug herumgemäkelt, denn ansonsten hat sich Gilmour wirklich Mühe gegeben, nicht eines der vielen allseits bekannten Keyboarderalben abzuliefern. So wirkt sein Spiel keineswegs zu aufdringlich, will er auch niemandem beweisen, welch virtuose Läufe er aus den Fingern schütteln kann. Zudem vertraut er innerhalb eines Songs mehr auf die gleichen Sounds und greift erstaunlich oft auch auf das Piano zurück. So stehen mehr die Songschreiberqualitäten und das Gespür für gute, songdienliche Melodien im Vordergrund, als dass einem hier Bombast und Komplexität um die Ohren geblasen wird. Rhythmisch mehr im flotten Bereich angesiedelt, weisen einige Instrumentals zudem einen leichten Fusion / Jazz Rock Touch auf, so diese stilistische Brücke für zusätzlichen Drive sorgt. "Great escape" zeigt eine etwas andere, wesentlich progressivere Seite des Saga Keyboarders und ist somit eine vortreffliche Ergänzung zum sonstigen Output der Kanadier.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 2007