CD Kritik Progressive Newsletter Nr.58 (02/2007)

Cardboard Amanda - Cardboard Amanda
(68:00, Liar Leaver Records, 2006)

Drei Musiker mit dem Faible fürs absolut Absurde, angebliche Inspirationen durch eine brillante Wissenschaftlerin namens Dr. Amanda Müller, deren Leben in völligem Wahnsinn und letztendlichem Selbstmord im Mülleimer(!) endete, sowie eine erfundene Bandgeschichte, bei der es u.a. um weißrussische Silbermedaillengewinner, Exilaraber und Botanik geht. Klingt bescheuert? Ist es auch! Wer so viel Wahnsinn in seine Arbeit legt und zudem mit einem ebenfalls eigenartigen Artwork aufwartet, der hat schon mal einige Sympathien für die schrägen Momente des Lebens sicher. Zumindest ein Teil dieses Irrsinns kann aufgeklärt werden, denn hinter diesem Projekt verbirgt sich unter dem Pseudonym François Louie Camille der ehemalige Frogg Café Gitarrist Frank Camiola. Doch eine Warnung gleich hinterher: abgesehen von deren vergleichbaren Humor ist dieses Album mit dieser Band wenig vergleichbar, stilistisch und musikalisch von einem ganz anderen Kaliber. Wie nicht anders zu erwarten war, ist diese Scheibe ein Sammelsurium an schrägen und eigenartigen Einfällen. Die 22 Tracks sind mal kurze Klangexperimente, mal verwirrende neo-klassische Fragmente oder einfach Collagen von allem Unanhörbarem. Fast nichts ist hier, wie man es kennt oder erwartet. Der Gesang klingt wie Tom Waitts im Stimmbruch nach 20 Whiskeys, jede Menge Einspielungen sorgen für skurrilen Blödsinn, der an die Experimentierfreudigkeit von Frank Zappa anknüpft und selbst Blues und Country werden hier grausam verquirlt. Die drei Protagonisten werkeln dabei mit allerlei Instrumentarium herum, was u.a. auch Geige, Cello, Banjo, Mundharmonika und Klarinette umfasst. Logischerweise sind Liebhaber der etwas anderen Klänge begeistert (u.a. äußersten sich Dave Kerman (5uus, Present) und Cuneiform Boss Steve Feigenbaum überaus wohlwollend) und es nicht zu viel versprochen, dass diese CD sicherlich zum ungewöhnlichsten Blödsinn abseits jeglicher Kategorien gehört, was in den letzten Jahren auf den Markt kam. Wirklich anhörbar ist dieses Album jedoch kaum, dafür gehört der "Bonustrack" mit seinen eindringlichen Nachrichten zum Durchgeknalltesten, was es bisher auf Tonträger gab. Deswegen wird unbedingtes Testhören vor dem wahnwitzigen Kauf empfohlen.

Kristian Selm



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