CD Kritik Progressive Newsletter Nr.58 (02/2007)
Blind Ego - Mirror
(61:07, Red Farm Records, 2007)
Wenn das W von RPWL auf Solopfaden wandelt, dann kommt dabei Blind Ego mit dem Album "Mirror" heraus. RPWL Gitarrist Karlheinz Wallner hat sich selbst den Spiegel vorgehalten und sehr persönliche Stücke geschrieben, ohne dabei in andere Richtungen zu blicken, sondern "blind" seinen eigenen Weg zu gehen. Das heißt in erster Linie, dass die 10 Tracks (plus einem bisher unveröffentlichten Titel von Violet District) auf den ersten Blick nicht unbedingt etwas mit RPWL zu tun haben, sondern sie mal mehr im atmosphärischen Alternative Rock, mal mehr im Bereich der sehr griffigen, melodiebetonten Rockschattierungen zu Hause sind. Dennoch scheinen durchaus in einigen Stimmungen und Sounds gewisse Ähnlichkeiten zur "Stammband" durch. Doch vor allem wegen der Teilnahme von diversen, namhaften Gästen weist "Mirror" einen ganz anderen Charakter auf. Wenn wir schon bei den Gästen sind: hier wurden diverse Hochkaräter aus der aktuellen britischen Neo Progszene an die Instrumente und ans Mikrofon geholt. Doch große Überraschung, das Endresultat hat nur sehr wenig mit dem sonstigen musikalischen Umfeld der Beteiligten zu tun, alleine John Mitchell (Arena, Kino, It Bites) ist mit seiner Nebenband The Urbane bzw. mit Kino auf ähnlich gelagertem Terrain aktiv. Dafür stellen sich u.a. John Jowitt (IQ) und Clive Nolan (Pendragon, Arena) ganz in den Dienst der Musik. Für die getragenen, pathetischen Stücke zeichnet sich weiterhin ex-Arena Sänger Paul Wrightson zuständig, während die rockigen Parts von John Mitchell übernommen werden. Überraschenderweise verzichtet auch Kalle Wallner fast vollständig auf technische Kabinettstückchen, wie man sie leider viel zu oft bei den Soloalben von Gitarristen zu hören bekommt. Es sind eher melancholische Töne oder die mal elegischen, mal knackigen Rocksounds, aber auch unterschwelliger Prog Appeal (z.B. im zehnminütigen an RPWL erinnernden Longtrack "Forbidden to remain"), die für eine ausgewogene Mischung sorgen. Blind Ego klingt wirklich viel mehr nach einem überzeugenden, songorientierten Bandprojekt, als nach einem langweiligen, egomanischen Saitentrip. Wem RPWL immer nicht rockig genug waren oder wer einfach auf der Suche nach griffigem, straighten, leicht verspielten, aber nicht seelenlosen Rock / Prog ist, der findet bei "Mirror" die genau richtige Dosis. Beeindruckende Produktion auf internationalem Niveau.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2007