CD Kritik Progressive Newsletter Nr.57 (11/2006)

Retroheads - Introspective
(64:27, Unicorn Digital, 2006)

Die fast gleichen Köche, die inhaltlich gleichen Zutaten, und doch irgendwie ein anderes Gericht. Nach dem Debüt "Retrospective" geht der Nachfolger "Introspective" dem Namen folgend zwar nicht in eine introvertierte Richtung, doch der Retro Prog der norwegischen Retroheads hat etwas von dem Schwung und der druckvollen Power des Vorgängers eingebüßt. Aber Entwarnung gleich hinterher: "Introspective" ist keineswegs ein schlechtes oder durchschnittliches Album, vielleicht war einfach die Erwartungshaltung und Meßlatte nach der ersten CD etwas zu hoch gelegt. Doch der Reihe nach. Äußerst angenehm fallen sogleich die analogen Keyboardsounds auf, die alles bieten, was man als gemeiner Proggie so mag: schwelgerische Synthieklänge, die obligatorischen Mellotronteppiche und sanfte Orgelklänge. Zwar wird die Gitarre bisweilen etwas von der Tastenübermacht erdrückt, dennoch gelingt eine ausgewogene instrumentale Balance zwischen den beiden bestimmenden Solisten. Dabei setzt man auf der Saitenfront vor allem auf die elegische, langgezogene Variante, was nicht nur einmal floydige Stimmungen heraufbeschwört oder an Steve Hackett erinnert. Ein Wiederhören gibt es zudem mit den Background Sängerinnen, die für eine zusätzliche Stimmungstiefe sorgen. Der Wechsel am Mikrofon - Bassist / Keyboarder Tore Bø Bendixen konzentriert sich nun ganz auf seine Instrumente - mit dem neuen Frontmann Mike Mann hinterlässt dafür einen zwiespältigen Eindruck. Zwar passt zur Musik der Retroheads kein stimmgewaltiges Schmetterorgan, doch etwas mehr Ausdruckskraft in der Stimme würde sicherlich für mehr Begeisterung sorgen. Auch greifen nicht alle Melodien sofort, fehlt hier teils der schon anfangs erwähnte Schwung. Doch zweifelsohne stimmt die allgemeine Richtung und können vor allem die Instrumentalteile sofort begeistern. Gerade wenn die Gitarre zu ihren stimmungsvollen Höhenflügen ansetzt oder die weißen und schwarzen Tasten der analogen Vergangenheit huldigen, ist alles wieder gut. "Introspective" verliert damit zwar im direkten, internen Vergleich der beiden Retroheads Alben, ist aber trotzdem eine gute Empfehlung für alle Liebhaber der Retro Richtung.

Kristian Selm



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