CD Kritik Progressive Newsletter Nr.57 (11/2006)

Richard Pinhas - Meatron
(55:47 + 75:19, Cuneiform, 2006)

Die elektronischen Experimente des Franzosen Richard Pinhas gehören nicht gerade zum leichtverdaulichen Material. Doch in seiner eigenen musikalischen Welt findet er immer wieder andere Ausdrucksformen, so dass die Bandbreite von seinen frühen Werken, die eher an Tangerine Dream erinnerten, bis hin zu rockorientiertem Material, sowie Soundscapes Marke Fripp und Eno reicht. Sein aktuelles Doppelalbum "Meatron" deckt nun fast alle Facetten seiner spieltechnischen und inhaltlichen Möglichkeiten ab. Während der Opener "Tikkun (Part 1)" von ausufernden Gitarrenloops bestimmt, ganz langsam zu leben beginnt, geht es bei "Aleph Number 1" schon fast avantgardistisch und recht heftig zur Sache. Vor allem die Hinzunahme von Antoine Paganotti (Magma) am Schlagzeug erweist sich als Glücksgriff, da dessen wuseliges Spiel für den nötigen Drive sorgt. Mit Keyboarder Patrick Gauthier ist zudem ein weiteres, ehemaliges Magma Mitglied von der Partie. Dass Pinhas es aber durchaus monotoner gestrickt mag bzw. auf minimale Entwicklungen setzt, beweist "Moumoune and Mietz in the sky with diamonds", welches von simplen Akkordfolgen geprägt in den Indiebereich schielt. So wechselt sich auch im weiteren Verlauf des Albums Avantgardistisches mit eher Zuträglichem ab, türmen sich regelrechte Soundwälle, die in anderen Momenten schon fast einen poppigen Charakter aufweisen. Dabei nimmt sich der französische Klangtüftler aber immer jede Menge Zeit, um seinen Ideen Raum zur entsprechenden Entwicklung zu geben. Besonders in den rhythmusbetonten, rockorientierten Augenblicken, die deutlich von der Gitarre bestimmt werden, kann dieses Album nachdrücklich überzeugen, während die rein elektronischen Einflüsse im Vergleich zu seinen letzten Alben doch mehr zurückgefahren wurden. Nach mehr als 30 Jahren im Geschäft kann Richard Pinhas noch immer ein Ausrufezeichen setzen.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 2006