CD Kritik Progressive Newsletter Nr.57 (11/2006)

Nautilus - What colours the sky in your world?
(37:40, Cyclops. 2004)

Neben der deutschen Band namens Nautilus existiert eine britische Formation gleichen Namens, die im Jahr 2004 mit "What colours the sky" ein Instrumentalbum der komplex-symphonischen Stilrichtung veröffentlicht hat. In sperrigen Klangbildern widmen sich die vier Musiker einem recht retrogerichteten Sound, der zwischen kraftvoll-emotionalen Ausbrüchen und schwelgerischen Ruhepolen hin und her pendelt. Die Kompositionen geben sich anfangs verschlossen und abweisend, erfahren aber im weiteren Verlauf einen gekonnten Spannungsaufbau. Als grober Ansatz können King Crimson dienen, deren komplex-symphonische Schwermut insbesondere in den beiden ersten Titeln "Doors to the dark room" und "Precious things" zum Vorschein kommt. Mystisch perlende Klänge des E-Pianos bringen im Opener zusammen mit verschrobenen Saiteneinsätzen und flehenden Synthieflächen (leichter Mellotronklang) eine skandinavisch anmutende Schwermut zu Tage. "Cabin fever" wirkt dann zu Beginn eher improvisiert und etwas richtungslos, kann aber im elegischen Mittelteil überzeugen, um dann in euphorischer Dynamik zu enden. Mit dem kurzen "Bastogne" erfährt der komplexe Grundsound eine ungewohnt straight-rockige Wendung. So soll wohl an die Schlacht in den Ardennen während des zweiten Weltkrieges gemahnt werden. Diese kurze Nummer kann aber dramaturgisch nicht so recht überzeugen. "Halloween factory" gibt sich zu Beginn wieder crimsonesk eingefärbt und entwickelt in düster-kriechenden Klangbildern einen fast schon morbide anmutenden Charakter. In einer komplex vor sich hinschleppenden Rhythmik können Nautilus ihre ganzen Stärken ausspielen. Der stimmungsvolle Abschluss "Release" setzt mit schönen Mellotronsequenzen und elegisch-majestätischer Saitenbearbeitung noch einmal auf die symphonische Seite. Insgesamt stellt dieses Album eine willkommene Überraschung dar, woran auch die sehr kurze Spielzeit und ein leichter Durchhänger im Mittelteil nichts ändern können. Hier ist wirklich eine hoffnungsvolle Formation am Reifen, welche die schöngeistig-symphonische Seite der progressiven Rockmusik angenehm mit der komplex-finsteren Seite vereint.

Horst Straske



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