CD Kritik Progressive Newsletter Nr.57 (11/2006)
La Düsseldorf - Mon amour
(57:38, Warner, 2006)
Nach seinem Weggang bei Kraftwerk gründete Multi-Instrumentalist Klaus Dinger zusammen mit Michael Rother Anfang der 70er das Elektronik Duo NEU! Im Jahr 1976 folgte mit La Düsseldorf das nächste Projekt des umtriebigen Avantgarde Künstlers. Es entstanden drei Alben ("La Düsseldorf", "VIVA", "Indivuellos"), bevor Dinger sich neue Mitstreiter suchte, jedoch unter dem Namen La Düsseldorf weitermachen wollte. So sollte "Mon amour" ursprünglich bereits 1983 erscheinen, doch juristische Streitereien vereitelten die Veröffentlichung. Schließlich erschien es 1985 unter dem Bandwurmnamen "Klaus Dinger + Rheinita Bella Düsseldorf" und dem Titel "Néondian". Doch die Zeit heilt bekanntlich alte Wunden bzw. rechtliche Dinge lassen sich eben doch irgendwann mal regeln, und so liegt dieses Album mittlerweile in digital remasterter Form vor, ergänzt um die Maxi-Single "Ich liebe dich / Koksknödel", sowie als weiteren Bonus eine mit Herbert Grönemeyer eingespielte Neuinterpretation des Songs "Geld" vom "Viva" Album. Man merkt "Mon amour" an, dass es kurz nach bzw. noch während der Hochzeit der Neuen Deutschen Welle entstand, denn die Elektroniksounds sind zumeist eher poppig und einfach gehalten, getragen von simplen, geradlinigen Rhythmen und Sprechgesang mal in Deutsch, mal in Englisch. Hin und wieder entstehen jedoch eindringliche Soundgebilde, was sicherlich daran liegt, dass die Titel nicht unbedingt im 3-4 minütigen Radioformat gehalten sind, sondern sich zum Teil auf über 8 Minuten ausdehnen, sie somit Platz für die inhaltliche Entfaltung bekommen. Gelegentlich scheint zudem der skurrile Geist von Klaus Dinger durch, doch meist bestimmen eher plakative bis absolut banale Textbotschaften (eindeutiger Tiefpunkt: "Pipi AA"), sowie euphorisch-hymnische Klänge die Musik. "Mon amour" ist zwar eine wesentlich poppigen Weiterführung des typischen La Düsseldorf Sounds, aber letztendlich eindeutig ein Album des damaligen Zeitgeists, auch wenn u.a. Jaki Liebezeit (Can) oder Raoul Walton (inzwischen u.a. bei Anyone's Daughter am Bass) beteiligt sind. Dennoch: als ein ebenfalls in dieser Epoche "Aufgewachsener" kann man diesem Album einen gewissen Charme nicht absprechen.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2006