CD Kritik Progressive Newsletter Nr.57 (11/2006)

Hypnos 69 - The eclectic measure
(48:25, Elektrohasch, 2006)

War der Vorgänger "The intrigue of perception" der immerhin seit 1994 bestehenden Hypnos 69 vor allem geprägt von wuchtigen, dynamischen Ausbrüchen, so ist der Nachfolger "The eclectic measure" um einiges subtiler und weniger expressiv ausgefallen. Diese etwas weichere Grundtendenz verleiht der Musik des belgischen Quartetts ganz neue Facetten, an Stelle von roher Energie stehen jetzt wohl austarierte Zwischentöne. Gerade Mellotron und die leiseren Passagen kommen somit mehr zum Tragen. Trotzdem bedeutet diese Umorientierung keineswegs eine völlige Abkehr von der Vergangenheit, denn noch immer wird bei Hypnos 69 kräftig gerockt, treffen hier psychedelisches und progressives musikalisches Gedankengut aufeinander, darf hier auch mal das Saxophon etwas wilder tröten. Doch vor allem überzeugt "The eclectic measure" durch seine gefühlvollen Melodien, die über ein gewisses Maß an Ohrwurmqualitäten verfügen, aber ebenso durch seine innere Vielschichtigkeit, die von Abgehnummern, spacigen Exkursionen bis hin zu elegischer Verträumtheit reicht. Dabei wirken Hypnos 69 jedoch niemals zu abgehoben, sondern ihre erdige, direkte Spielweise sorgt für die nötige Bodenhaftung und den rechten Anhörspaß. Im Vergleich zu ihrem letzten Album zieht "The eclectic measure" ganz leicht den Kürzeren, da der melancholischen Grundstimmung mitunter eine Spur zu wenig Power entgegengesetzt wird. Dennoch ist dieses Album, welches auch als Vinylausgabe erhältlich ist, eine sehr willkommene und überaus kurzweilige Abwechslung jenseits aller Retro Epigonen, die nur versuchen, wie ein zweitklassiges Abbild ihrer Vorbilder zu klingen.

Kristian Selm



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