CD Kritik Progressive Newsletter Nr.57 (11/2006)

Emerson Lake & Palmer - The Original Bootleg from The Manticore Vaults Vol.Four
(61:39 + 48:33 / 61:52 + 64:13 / 58:10 + 58:04 / 44:09 + 61:09, Sanctuary, 2006)

Rein äußerlich ist die dicke Box schon mal ansprechend. Logo und Löwe drauf, 8 CDs drin. Schönes Gewicht, handlich - gut gemacht. Von der Original Bootleg Serie gab es bereits drei dicke Boxen. Die 4. ist nicht viel anders als die vorherigen. Vier lange Konzerte werden auf jeweils 2 CDs präsentiert, wobei der Name "Bootleg" dick geschrieben werden muss. Wie bereits bei den früheren Boxen ist der Sound der Aufnahmen absolut von Bootleg-Qualität. Hardcore-Fans dürfte das vielleicht egal sein, die nehmen sowieso alles. Das ist bei Zappa, Genesis, King Crimson und Yes nicht anders. Oder bei wem auch immer. Es gibt also weder so ein grandios klingendes Werk wie "Welcome back my friends to the show that never ends, Ladies and Gentleman" oder "Works Live", auch nicht wie bei "Live at the Isle of Wight Festival 1970". Der Klang hat in jeder Aufnahme komplett Bootlegniveau. Die Feinheiten der Musik gehen teilweise verloren, es dröhnt und brummt. Aber - die Aufnahmen sind überhaupt verfügbar. CD 1 und 2 enthalten das Konzert im Civic Centre in Hartford, CT, vom 10. Juli 1977. Die Band ist live wie immer wild und herzhaft bei der Sache. Vor allem Emerson und Palmer knüppeln, was das Zeug hält. Der Sound ist hinnehmbar. Das für Castle typische, zum Poster aufklappbare Booklet erzählt ausführlich über die Bootleg Serie und die in dieser Box enthaltenen Konzerte und listet die Songs auf. Das erste Konzert ist beeindruckend, der Klang ist zu ertragen. Ich wünsche mir aber in jedem Moment, dass die Band damals wie Zappa und Fripp jedes Konzert mitgeschnitten hätte, damit Soundboards verfügbar wären und jetzt nicht die Anstrengung nötig wäre, der Musik zu lauschen. CD 3 und 4 sind mit "Chicago 1978" betitelt. Der Klang ist schlechter als auf den beiden ersten CDs, die Tracklist in großen Teilen übereinstimmend. Das Trio spielt sich die Finger wund und die Ohren müssen bald Zulage erhalten, um aufmerksam am Ball zu bleiben. Schön die 13-minütige Version von "Take a pebble" mit dem 3. Teil des Emersonschen Pianokonzertes und dem witzig-frischen "Maple Leaf Rag". Insgesamt gilt: die lauten Stücke sind gut zu hören, die leisen, wie etwa "Watching over you" quasi kaum zu genießen. Enttäuschend CD 5 und 6 (Pennsylvania, 22. Juli 1992), deren Soundqualität zwar besser als die historischen Aufnahmen ist, aber längst nicht so gut, wie es die Technik damals sicher schon vermocht hätte. Das angejahrte Trio spielt zudem nicht mehr so heavy und komplex wie noch 15 Jahre zuvor, die neuen Songs sind belanglos. Nicht besser oder eigentlich noch schlechter sind die Aufnahmen von drei Tagen später in Jones Beach (CD 7 und 8). Der Sound hat etwas besseres Bootleg-Niveau, scheint aber aus dem Nebenuniversum zu kommen, dumpf, matt und leise. Lauter gestellt, rauscht es lediglich mehr. Das Konzertprogramm ist dem von drei Tagen zuvor aus CD 5 und 6 ähnlich. Die Klassiker sind lascher als früher - und viel kürzer. Dafür kommt ein schönes Stück wie "From the beginning" (auch auf CD 5 enthalten) zu Gehör. Trotz des umfangreichen Programms in der Box ist das große Teil nur für die harten Fans der Progressive Rock Supergroup empfehlenswert. Bootlegs halt.

Volkmar Mantei



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