CD Kritik Progressive Newsletter Nr.57 (11/2006)
Dream Theater - Score
(58:25 + 60:48 + 37:55, Rhino, 2006)
"Score" ist das mittlerweile fünfte offizielle Livealbum von Dream Theater (die ganzen Veröffentlichungen auf dem bandeigenen Ytsejam Records Label mal außen vor gelassen). Wiederum fand man einen guten Grund, einen weiteren 3er CD Pack bzw. eine bis an die Grenze vollgestopfte Doppel DVD unters Volk zu werfen, denn schließlich stand die letzte Tour der Band unter dem Motte des 20-jährigen Bandjubiläums. So ließ man sich beim finalen Konzert der Tour am 1.April 2006 nicht lumpen: die Band trat in der prestigeträchtigen Radio Music City Hall in New York auf und wurde im zweiten Teil des Konzertes vom klassischen, über 30-köpfigen "The Octavarium Orchestra" unterstützt. Entsprechend dieser tatkräftigen Unterstützung bekommt man ein komplette, über 41-minütige Version von "Six degrees of inner turbulence" geboten, werden aber auch die folgenden Titel wie z.B. "Octavarium" und "Metropolis" durch klassische Beileitung zum Teil inhaltlich abgeändert. Dass ein Abend zur "20th Anniversary World Tour" von Stimmung und Songmaterial nicht immer nach dem gleichen Fahrplan funktionierte und deswegen komplett anders ausschauen kann, beweist der persönliche Vergleich mit dem Konzerterlebnis in Stuttgart, wo sich Dream Theater ausschließlich komplex-heavy gaben, während der Mitschnitt aus New York doch wesentlich mehr inhaltliche Ausgewogenheit bietet, und neben dem harten Material einen Ausgleich in Form von sehr vielen melodischen, wie auch balladenhaften Momenten setzt. Ob die Songauswahl von "Score" von jedem Fan mit Freude betrachtet wird, sei mal dahingestellt, denn schließlich ist auch die jeweilige Beliebtheit der einzelnen stilistischen Bereiche von Dream Theater schließlich vom eigenen Gusto abhängig. Doch in der ganz persönlichen, subjektiven Betrachtung gefielen mir im Vergleich New York - Stuttgart Songs vom Kaliber wie "Panic attack", "The mirror / Lie" und "Home" um einiges besser, als die an deren Stelle gespielten und hier digital verewigten "I walk beside you", "Innocence faded" und "The spirit carries on". Andererseits kann man Dream Theater keinesfalls vorwerfen, dass sie sich keine Mühe mit ihren Livealben geben, denn im Vergleich zum Vorgänger "Live at Budokan" gibt es lediglich Überschneidungen mit den Ausschnitten aus dem Mammutwerk "Six degrees of inner turbulence", ansonsten bekommt man eine komplett(!) andere Setlist geboten und war auch das Intro zu "The spirit carries on" bisher noch nicht so erhältlich. Daneben feiern weitere Titel ihre Livepremiere, zum Teil wurden auch Songs aus dem Backkatalog ausgegraben, die es bisher noch auf keiner offiziellen Veröffentlichung zu hören gab, wie z.B. das noch aus Majesty Zeiten stammende "Another won", wie auch das während der Sessions zu "Falling into infinity" entstandene "Raise the knife". Auf der zeitgleich erschienenen Doppel DVD bekommt man neben der optischen Präsentation auch noch einen sehr umfassenden und mit jeder Menge Archivmaterial versehenen Rückblick in die Historie der Band, wo fast alle ehemaligen und aktuellen Bandmitglieder zu Wort kommen. Damit ist "Score" ein weiterer Mosaikstein in der Dream Theater Historie, der zwar inhaltlich bzw. vom Songmaterial sicherlich nicht überall auf Zustimmung stoßen wird, aber dennoch dokumentiert, dass mit der führenden Prog Metal Formation aus New Jersey weiterhin zu rechnen ist.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2006