CD Kritik Progressive Newsletter Nr.57 (11/2006)
Deluge Grander - August in the Urals
(71:01, Emok Records, 2006)
Aus der losen Reihe "Bands, die leider wieder mal keiner kennt", ein neuer Kandidat. Deluge Grander stammen aus Baltimore und gingen aus Cerebus Effect hervor. Bereits deren Album "Acts of deception" beeindruckte durch einen souveränen Mix aus Prog / Jazz Rock und leichten Zeuhl Tendenzen. "August in the Urals" setzt auf fast die gleichen Zutaten, wobei vor allem 70s Prog Elemente der düsteren und komplexen Schiene die ganze Sache zusätzlich anreichern. Bereits der knapp 27-minütige Opener "Inaugural bash" setzt ein erstes Ausrufezeichen. Der mehrteilige Track durchwandert ein breites Spektrum von kriechender Düsternis, hektischem Tempo und energetischem Retro Prog, fast ohne Raum zum Atmen zu lassen. Doch obwohl hier eine mächtige Breitseite abgefeuert wird, Keyboards (Mellotron bis zum Abwinken), Gitarre und Saxophon sich solistisch abwechseln, wird man keineswegs von der Musik erschlagen oder überfahren, sondern eher strudelförmig in sie hinein gesogen. Bereits der knapp 16-minütige Titelsong offenbart eine wesentlich melodischere Seite von Deluge Grander. Gewöhnungsbedürftig sind da schon eher die grummeligen Gesangseinlagen von Bandleader Dan Britton, die recht blass und scheinbar emotionslos nicht so recht zur Musik passen wollen. Andererseits sorgt diese gesangliche Leistung für eine ungewollte Distanz zur Musik, was möglicherweise auch ein Ziel der Gesangspassagen sein könnte. Dennoch leben die fünf Tracks auf "August in the Urals" vor allem vom instrumentalen Miteinander, dem "Kampf" zwischen Gitarre und Keyboards, durchmengt von verspielten Rhythmen, was der Musik mitunter einen etwas zerrütteten, sperrigen Eindruck verleiht. Zusammengehalten von einer dunklen, teils apokalyptischen Stimmung, gelingt ein interessanter Spagat zwischen trauriger, melodietrunkener Melancholie (liegt besonders am Mellotron) und wuchtigen Instrumentalpassagen, die mehrheitlich im 70er Jahre Prog verwurzelt sind. Dabei bewahren Deluge Grander ihre Eigenständigkeit, sie schielen keineswegs auf die bekannten Versatzstücke der Vergangenheit, sondern suchen ihren eigenen Weg. "August in the Urals" ist jedenfalls kein unbedingt alltägliches und leicht zu kategorisierendes Album, aber glücklicherweise hat die Band auf ihrer Homepage einige Songausschnitte für den eigenen Höreindruck zur Verfügung gestellt. Einfach mal reinhören, es lohnt sich.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2006