CD Kritik Progressive Newsletter Nr.57 (11/2006)

Zen Carnival - Bardo
(67:15, Privatpressung, 2006)

Wenn man eine Band als Hobby nebenbei betreibt, dauert es eben aus den verschiedensten Gründen manchmal etwas länger. So legten die aus dem Raum Boston kommenden Zen Carnival ihr Debüt "Inheritance" (Kritik in PNL Nr.28) bereits 1999 vor. Doch Veränderungen in Privatleben und Beruf, die zum Teil daraus resultierende örtliche Distanz zwischen den Bandmitgliedern, erlaubten erst 2002 den Beginn der Arbeiten am zweiten Album. Mit Hilfe von File-Austausch per Internet und gelegentlichen gemeinsamen Sessions dauerte es bis zum Juni 2006, bis endlich die Arbeiten an "Bardo" abgeschlossen waren. So wie dieses Album eben seine Zeit benötigte, so änderte sich gleichzeitig auch die inhaltliche Ausrichtung. War "Inheritance" noch deutlich am Neo Prog orientiert, so strahlt "Bardo" eher den lässigen Flair anspruchsvoller Rockmusiker amerikanischer Prägung aus, geht auf der anderen Seite die generelle, progressive Ausrichtung mit Jazz Rock Touch weit mehr zurück in die 70er. Sowohl von den Sounds, als auch vom Kompositionsstil geben sich Zen Carnival um einiges verspielter und komplexer, sind gerade die Instrumentalpassagen wesentlich virtuoser und druckvoller als beim bereits guten Vorgänger. Durch eine Schippe mehr Retro-Touch, so wie Ausschmückungen in den Soloparts wirkt hier alles auf einmal zwingender, gleichzeitig gelingt es den Amerikanern, eine gewisse Luftigkeit zu bewahren, klingt hier eben nicht alles zwanghaft auf Prog getrimmt. Leider fällt im Gesamtzusammenhang der manches mal leicht gelangweilt wirkende Gesang ab, kann er in seiner bisweilen leicht drucklosen Intonation den instrumentalen, inneren Veränderungen nicht standhalten. Zudem schlagen Zen Carnival nicht nur mit dem Schlaghammer der progressiven Offensichtlichkeiten auf den Hörer ein, sondern vielmehr werden hier die Feinheiten langsam herausgemeißelt. Natürlich dürfen auch ein paar bombastische Yes Anleihen ("Blindness"), ausladende Arrangements (im über zehnminütigen "Pins and needles") und kräftige Melodien nicht fehlen, nimmt das Album bedächtig Fahrt auf, um sich langsam zu steigern. Mit "Bardo" ist Zen Carnival eine gelungene Mischung aus komplexen und zugänglichen Parts gelungen. Wer sich davon selbst überzeugen möchte, dem bieten Zen Carnival einige Soundschnipsel für den eigenen Höreindruck.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 2006