CD Kritik Progressive Newsletter Nr.57 (11/2006)
Wolverine - Still
(52:13, Candelight Records, 2006)
Ist schon praktisch, wenn einen die Interviewpartner gleich mit Albumtipps versorgen. Denn wie meinte Eroc am Ende des Interviews mit ihm: "Wenn du doch einen Progressive Newsletter machst, dann schreib mal was über die Neue von Wolverine. Habe ich auch ge-mastered und finde sie wirklich grandios." So ganz düster erinnere ich mich noch an deren Debüt "Fervent dream" aus dem Jahre 99, ein Mix aus Prog und Death Metal, der vor allem durch wilden Grunzgesang ganz apart "verfeinert" wurde. Doch um es kurz zu machen: damit haben die Schweden heutzutage überhaupt nichts mehr am Hut. Ihr aktuelles Album "Still" beeindruckt vor allem durch Abwechslungsreichtum, tolle Melodien, sich langsam aufbauende Stimmungen und selbst von der vom Label gewählten Schublade "Prog Metal" heben sie sich inzwischen über weite Strecken ab. Das bedeutet keineswegs, dass Wolverine die Gitarren komplett in den Schrank gestellt haben, doch ist der härtere Anklang nur eine von vielen Facetten ihrer Kompositionstechnik. Ansonsten bestimmen auch schon mal Akustikgitarren, sowie keineswegs zu überladene Strukturen die musikalische Richtung. Zwar gelingt es nicht bei allen ruhigen Momenten, die Spannung komplett aufrechtzuerhalten, doch als Gegenpol holen powervolle Dynamiksprünge den Hörer wieder aus seinen Träumen zurück. Genauso findet man einige moderne Elemente, die eher an die aktuellen Anathema oder Radiohead erinnern, wie eben auch bisweilen die Progschiene mit scharfen Riffs und Keyboardelementen gefahren wird. "Still" bleibt auf gesamter Spielzeit auf gutem bis sehr gutem spielerischem Niveau, nur sticht leider kein Song über die Maßen heraus. Ist aber absolut kein Beinbruch, denn Wolverine schaffen es mit Tiefgang und leicht melancholischem Unterton dennoch, eine treffliche Atmosphäre zu kreieren. Wer ohne spektakuläre Technik auskommt, mehr Wert auf gute Hooks und damit einen sehr hohen Melodikanteil legt, bekommt bei Wolverine die genau richtige Dosis davon. Um wieder auf die einleitenden Worte von Eroc zurückzukommen: "Grandios" würde ich hier nicht als Beschreibung wählen, aber ein "Wirklich hörenswert" kann ich als eigene Beurteilung hinzufügen.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2006