CD Kritik Progressive Newsletter Nr.57 (11/2006)

Theo Travis - Earth to ether
(43:59, 3e Records, 2004)

Ich muss gestehen, dass ich von dieser locker-flockigen, akustischen Canterbury-Scheibe angenehm überrascht bin. Theo Travis, den meisten Prog-Fans in jüngerer Vergangenheit als Saxophonist und Flötist von The Tangent eher in unauffälliger Erinnerung, erweist sich auf "Earth to ether" als variabler und sensibler Flötist, Saxophonist und Komponist. Das Album ist weder verkrampft kopfig, noch anbiedernd "Canterbury light" wie manchmal seine Stammband (vor allem auf "The world that we drive rhrough"). Überhaupt: Wer hier Sounds à la The Tangent erwartet, wird unweigerlich enttäuscht werden. Theo Travis solo ist ruhiger, jazziger und deutlich weniger mainstreamig (auf der anderen Seite, Avantgarde ist das hier auch nicht). Ich fühle mich, nicht zuletzt wegen der Gastauftritte von Richard Sinclair, eher an eine akustische Variante von Caravan mit etwas Piano-Jazz erinnert. Überhaupt, Richard Sinclair: Seine ungewöhnlichen Gesangslinien sind für mich echte Highlights des Albums. Geradezu hinreißend cool (und schräg) ist die Jazz-Samba "This frozen time", "Brazil meets Canterbury" sozusagen, klingt skurril, aber es funktioniert. Lockerer kriegt man das als Progger wohl kaum hin. Auf angenehme Weise entspannend wirken da die ruhigeren Instrumentals "The mystic and the emperor" und "Stewed flute", letzteres eine wirklich sehr gelungene tolle Flöten-Soundscapes-Collage mit schwebenden Flötensounds. Und das "Schizoid man"-Cover? Och jo... eine nette Variante des hinlänglich bekannten Sax-Mittelteils, nicht mehr als ein bloßes Gimmick. Alles in allem eine nette Canterbury-Scheibe für den gepflegt-intellektuellen Spätsommer.

Sal Pichireddu



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