CD Kritik Progressive Newsletter Nr.57 (11/2006)
Soft Machine - Grides
(79:21 + DVD, Cuneiform, 1970/71)
Mittlerweile ist (durch das kräftige Zutun von Cuneiform Records) die Frühsiebziger Phase von Soft Machine sehr gut dokumentiert. Es gibt deutlich mehr Livealben als Studioalben. Allein die beiden Tracks "Facelift" und "Virtually" sind (wie hier) in vielen Fassungen auf diversen Live-Kopplungen enthalten. Warum also eine weitere Produktion dieser Art? Das ist wie mit den Bootlegs von Frank Zappa, dem Live-Output von King Crimson oder wie mit Grobschnitts Solarmusic-Live-CDs: es hat kein Ende, weil die Fans süchtig danach sind und unbekannte Versionen neue Freuden versprechen. Gewiss sind Cuneiform sich bewusst, schon einiges CD-technische zum Live-Geschehen Soft Machines beigetragen zu haben. Die Geduld der Fans soll nicht überstrapaziert werden, und jede folgende Produktion muss mit einem weiteren interessanten Detail aufwarten. Das tut "Grides" auch. Der CD mit 9 Tracks, die fast 80 Minuten lang ist, ist eine DVD beigelegt, die zwar nur 5 Tracks, die zusammen rund 20 Minuten lang ist, enthält, aber die erste offizielle Soft Machine DVD ist. Die Stücke wurden am 23. März 1971 in Bremens Fernsehstudio aufgezeichnet und sind die Produktion allein wert (die CD wurde der DVD beigelegt...). Warum jedoch die Mitsiebziger Soft Machine Phase so gern beschimpft und geschmäht wird, kann ich persönlich überhaupt nicht nachvollziehen. Die Band wurde elektrischer, wie Jazzrock allgemein, und veränderte sich. Sicher sind Soft Machine 1971 und 1975 nicht wirklich vergleichbar, ich halte es aber für ausgesprochen fade und dumm, die frühe Band über den grünen Klee zu loben und die elektrische Version als Mainstream abzutun. Und in aller Hingabe an die frühe Soft Machine Phase setze ich darauf, dass Cuneiform Records einmal ein Mittsiebziger Konzert ausgraben, wie es Moonjune Records kürzlich mit einem Bremer Konzert (vom 29. Januar 1975) tat. "Grides" ist auch unbedingt für die Fans, die schon mehrere Live-CDs der Band haben. Nicht nur wegen der DVD.
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 2006