CD Kritik Progressive Newsletter Nr.56 (07/2006)
Aziola Cry - Ellipsis
(43:18, Translation Music, 2005)
Das US-Trio macht auch nach eigener Aussage instrumentellen Progressive Rock. Da Jason Blakes Hauptinstrument der Chapman Stick ist (M. Milaniak steuert Gitarren- und T. Stickradt Schlagzeugparts bei), könnte man mathematisch-angelegten Prog in der Art von King Crimson und Gefolge erwarten. Und läge so falsch ja auch nicht. Wenn nicht z.B. Blakes Instrument völlig anders aufgenommen wäre bzw. klingen würde als beispielsweise bei den Altvätern Levin, Holdsworth oder Chapman selbst - das perkussive Element, die Brillanz, aber auch die Abgrundtiefe scheinen bei der insgesamt schlimm-dumpfen Aufnahme wie abgeschnitten. Auch Stickradts Set erinnert bisweilen - sicher unverdientermaßen - mehr an gepeinigte Omo-Deckel, denn an ein professionelles Drumkit. Nichtsdestotrotz outen vor allem die iterativen Figuren, die Blake/Milaniak meist unisono intonieren, dieselben ohne Frage zugleich als Virtuosen und Freaks. Der beim ersten Hören fast monoton wirkende Aufbau einiger Stücke offeriert bei mehrfachem Hören, gerne bei großer Lautstärke und eventuell noch hilfreich beispringenden Substanzen jedoch bisweilen auch Qualitäten der beängstigend-schönen Neurosis, Ocean oder Oceansize aus der einen oder auch von manche Dinge zu einem logischen Extrem treibenden Stoner Rock-Bands wie Colour Haze aus der ganz anderen Kiste. Und wenn bei "When soft voices die" noch Metallica-Bass-Themen zitiert zu werden scheinen, sind auch Apocalyptica nicht mehr weit. Das in Summe Gebotene ist also ziemlich unvergleichlich und allein schon dadurch eine fette Empfehlung wert, allerdings mit Lustverlustabstrichen beim Sound.
Klaus Reckert
© Progressive Newsletter 2006