CD Kritik Progressive Newsletter Nr.56 (07/2006)
After - Endless lunatic
(47:25, Oskar Productions, 2005)
Nach der polnischen Neo Prog Welle in den 90ern gibt es bei unseren östlichen Nachbarn inzwischen so etwas wie eine kleine Prog Renaissance. Doch geht es dieses mal deutlich gitarrenorientierter und moderner zur Sache. Nach den neuen Überfliegern Riverside und den personell und soundtechnisch runderneuerten Quidam sorgten erst vor kurzem die absolut empfehlenswerten Newcomer Indukti für weiteres Aufsehen, und mit After liefert jetzt eine weitere ansprechende Band ihr Erstlingswerk ab. Das Label sortiert die Band unter "Neo-Progressive Rock" ein, doch mit dem, was landläufig unter Neo Prog läuft, finden sich nur am Rande Gemeinsamkeiten. Am ehesten noch kann man diesen Vergleich mit dem hochmelodischen Ansatz, einigen der gefühlvollen Gitarrensoli, sowie den weicheren Grundzügen der Musik rechtfertigen. Doch After klingen durchaus zeitgemäß, rockiger und keineswegs nur auf die 80er schielend. Ihre harmonischen, sofort eingängigen Ideen überzeugen vor allem durch ihre Qualität. Die Hooks bleiben im Gedächtnis haften, nutzen sich aber dennoch nicht ab, die Balance aus sanfteren und moderat harten Tönen passt. Einzig am ganz leicht akzentbehafteten Gesang des Frontmanns könnte man sich stören, doch ist dieses Manko durchaus verschmerzbar und trübt keineswegs nachhaltig den Hörgenuss von "Endless lunatic". A propos Qualität. Diese findet man nicht nur in der geschmacksicheren Auswahl der Sounds sowie im Kompositionsstil der polnischen Band. Auch bei der Auswahl der Gastmusiker und des Produzenten wurden keine halben Sachen gemacht. Camel Bassist Colin Bass sowie SBB Urgestein Josef Skrzek verfeinern das über 10-minütige Instrumental "Kite" (dem wirklich beeindruckenden Highlight des Albums) mit ihren Beiträgen, während Quidam Flötist Jacek Zasada ebenfalls zwei Gastauftritte hat. Weiterhin saß sein Bandkollege Zbyszek Florek hinter den Reglern und sorgt für einen kompakten, transparenten Sound. After arbeiten zwar nicht mit der Wucht und Power von Riverside, sondern bei ihnen sind es vielmehr die straighten, sanften, hier und da durchaus auch mal heftig rockenden Töne, die für stimmungsvolle Momente sorgen. Dennoch ist "Endless lunatic" keineswegs Weichspül Prog im Schonwaschgang, sondern funktioniert mit diversen Dynamikwechseln eben auf seine ganz eigene Art. Schöne und empfehlenswerte Scheibe der hochmelodischen Art Rock Sorte.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2006