CD Kritik Progressive Newsletter Nr.56 (07/2006)

Grobschnitt - Die Grobschnitt Story 6
(78:12 + 79:12, Wolkenreise, 2006)

Nachdem mit den vorherigen Ausgaben der "Story" schon fast alle zeitlichen Abschnitte der Grobschnitt Historie gestreift bzw. mit "Solar music" bereits sehr ausführlich dokumentiert wurden, befasst sich der sechste Teil mit dem zweiten großen Werk der Kultband aus Hagen, nämlich ihrem sinfonischen Meisterwerk "Rockpommel's Land". Vor allem klanglich stieß das Original nie auf die rechte Begeisterung innerhalb der Band, so dass Eroc hier einen wesentlich transparenteren und druckvollen Remix abliefert. Doch steckt in diesem detailverliebten Doppelalbum natürlich wieder mal sehr viel mehr Musik und Historie, was das Eintauchen in die ganz eigene grobschnittige Welt zu einem absoluten Hörgenuss macht. Die erste CD ist den Anfängen der Band, den Jahren 1971-1973 gewidmet, als Grobschnitt vor allem vom Zusammenspiel aus Psychedelic, Rock, Klassik und Jazz Rock, sowie jede Menge Improvisationen geprägt waren. In wieder mal beeindruckender Klangqualität gibt es hier die Originalversion von "Sahara", die auf 20 Minuten ausgedehnte "Sinfonie", aber auch jede Menge bisher unveröffentlichtes Material aus den Anfangstagen der Band. Beeindruckend vor allem die Spielfreude, die Lust am ausgiebigen Improvisieren, aber natürlich auch der immer augenzwinkernde Humor der sympathischen Chaotentruppe. Als besonderes Highlight wurde von Eroc das bereits für immer verloren geglaubte "Das unbekannte Superstück" von einem gelöschten Band restauriert, technische Details dazu im wie immer sehr ausführlich ausgefallenen Booklet. Der erste Teil der zweiten CD gräbt in den Archiven der Jahre 1974-1976 und fördert auch hier bisher auf Tonträger völlig unbekannte, mehr bluesige Songperlen ans Tageslicht, wie die knapp 17-minütige Jamsession von "Steppin' stones". Es folgt die eingangs schon erwähnte Neuabmischung der ersten drei Titel vom "Rockpommel's land" Album, das hier von der Transparenz deutlich zulegt und einmal mehr den Status als sinfonisches Kleinod progressiver Rockmusik rechtfertigt. Weitere Demos und bisher nicht erhältliches Material aus den Jahren 1979-1982 geben einen Überblick über die mehr rockige Endphase vor dem Ausstieg von Eroc bei Grobschnitt. Ein gewohnt umfassend gestaltetes Booklet mit jeder Menge köstlicher Anekdoten, Bildern aus jener Zeit, so wie ausführlichen Hintergrundinformationen, rundet diesen lohnenswerten Doppelpack ab, für den einmal mehr gilt, dass man hier einen wirklichen, von Herzen kommenden Gegenwert für sein Geld erhält. Deswegen schnell auf www.grobschnittstory.de gesurft und dieses einmalige Stück deutscher Musikkultur bestellt!

Kristian Selm



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