CD Kritik Progressive Newsletter Nr.56 (07/2006)
Frost - Milliontown
(59:06, InsideOut, 2006)
Langsam aber sicher macht sich John Mitchell daran, durch die Mitarbeit an seinen diversen Bands und Projekten (Arena, Kino, The Urbane) mit einigen anderen Tausendsassas der Szene gleichzuziehen. Etwas unpassend zu sommerlichen Temperaturen hat er auch bei der neuen Prog "Supergroup" Frost die Finger mit im Spiel, auch wenn er hier wesentlich mehr im Hintergrund agiert, aber zum wiederholten Male durch sein variables Gitarrenspiel beeindruckt. Zusammen mit IQ-Schlagzeuger Andy Edwards und Bassist John Jowitt bilden diese drei das Fundament für die Ideen von Jem Godfrey. Ein in Progkreisen eher unbeschriebenes Blatt, der bisher vor allem als Schreiber und Produzent von charttauglicher Popmusik aufgefallen (u.a. Atomic Kitten, Holly Vallance) war. Doch seine stille Leidenschaft gehört einer ganz anderen musikalischen Sparte, die er nun als Sänger und Keyboarder von Frost beackert. Ohrenscheinlich kommen Godfrey seine Tätigkeiten im Produzentensessel und Popbereich zu Gute, denn "Milliontown" klingt zum einen sehr wuchtig, zum anderen gibt es hier eben nicht einfach nur einen altbekannten Aufguss 1000x gehörter Klischees, sondern griffiger Rock, moderne Sounds und prächtige Melodien stehen hier im Vordergrund. Mit dem instrumentalen Opener "Hyperventilate" wird die Messlatte schon mal sehr hoch gelegt, denn der Mix aus neo-progressiver Verspieltheit und powervoller Instrumentalarbeit rockt mal komplex, mal melodiös verspielt los. Doch geht es keineswegs nach diesem Strickmuster weiter, denn in den drei folgenden Songs wird der Progeinfluss behutsam zurückgeschraubt, viel mehr mit wohl durchdachten Rock- und Popelementen gearbeitet, ohne dass man hier die Grenze des Belanglosen überschrittet bzw. streift. Der Grundansatz von Frost erinnert wohl nicht nur zufällig an das musikalische Terrain, in dem sich Kino sehr erfolgreich bewegen, war doch John Mitchell die erste Person, die Godfrey auf der Suche nach geeigneten Mitmusikern kontaktierte. Mit den beiden Longsongs "Black light machine" (knapp 10 Minuten lang), sowie dem über 26-minütgen Titelsong geht es dann wieder mehr zurück in progressivere Gefilde. Doch auch hier gelingt eine mitreißende Mixtur, nämlich Rock und Prog auf eine sehr harmonische Art zu verschmelzen, auch wenn "Milliontown" hier und da einige Kürzungen vertragen hätte. Dennoch wirken die Instrumentalparts keineswegs zu pathetisch oder nur bombastisch überladen, schmeicheln besonders die Harmonien gleich die Gehörgänge. Der Sound ist wuchtig und modern, mitunter nahe am powervollen Overkill, aber dennoch geschmackssicher gewählt und austariert. "Milliontown" ist ein rockiges Progalbum bzw. proggiges Rockalbum, das ohne erhobenen Zeigefinger auskommt und durch seine lockere Art das Beste aus beiden Welten vereint. Und natürlich zwei ganz große Pluspunkte zum Schluss: die Musik macht einfach Laune und rockt vor allem wie die Sau!
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2006