CD Kritik Progressive Newsletter Nr.55 (04/2006)
Mind Sky - Timewise
(58:10, Privatpressung, 2005)
Vor rund fünf Jahren wurde die New Yorker Band Mind Sky aus der Taufe gehoben. In 5er Besetzung mit doppelter Keyboardpower hat man ein auf den ersten Blick durchaus ungewöhnliches Line-Up gewählt und der Verdacht liegt natürlich nahe, dass man hier mit massivem Keyboardüberhang zugekleistert wird. Doch weit gefehlt, denn stattdessen bekommt man auf dieser CD einen sehr ausgefeilten und ausgewogenen Sinfonic Sound geboten, bei dem die Band sogar die Tasten zum Großteil eher wohltuend zurückhaltend einsetzt. Natürlich greift die Werbeabteilung bei Vergleichen wieder mächtig in die Namenskiste und zaubert neben Einflüssen von Genesis, Yes und The Flower Kings, gleich noch Vergleichsmomente zu Bands wie Izz, Wobbler und Magic Pie aus dem Hut. Nettes Namedropping, aber letztendlich weit an der Wahrheit vorbei. Einzig der Genesiseinfluss kommt in einigen Passagen zum Tragen, denn neben lyrischer Sanftheit, erinnert Sänger Josh Gleason im Timbre doch sehr an Peter Gabriel. Nicht weiter verwunderlich, leiht er doch ansonsten der Genesiscoverband The Waiting Room seine Stimme. Doch meist ist es wohl eher die inhaltliche Abwechslung, der meist in den 70er verwurzelte Sound, der vielleicht zu diesen so unterschiedlichen Vergleichen führt. Der Opener "Fathom" ist sinfonisch traditionell gehalten, wirkt aber noch mit leichter Handbremse eingespielt. Beim Titelsong geht es auf einmal sehr komplex und sprunghaft zu, gerät die Band ins etwaige Fahrwasser der 80er/90er Jahre King Crimson. "A moment's peace" dient als reines Akustikgitarrenstück zur Zwischenauflockerung, bevor Mind Sky bei "Trial und triumph" wieder voll den Sinfonicsound auffahren, der jedoch dieses mal runder und stimmiger wirkt. "Speak of me as I am" klingt zu Beginn dann so, wie man dies bei doppeltem Keyboardbombast wohl am ehesten erwarten durfte, denn hier gibt es die volle Tastenbreitseite. Doch im weiteren Verlauf entwickelt sich hier das songtechnische Highlight des Albums in einem Mix aus sinfonischen und komplexen Prog Elementen. Mit "Wayfarer dance" wird eine weitere akustische Gitarrennummer nachgelegt, bevor das 13-minütige "Harvesting stars" das Album nochmals in feinster Sinfonicmanier und Genesis Einfluss beschließt. "Timewise" ist zweifelsohne ein gutes Debüt mit überdurchschnittlichem Material, dem es aber alles in allem noch an den ganz herausragenden Momenten fehlt. Mind Sky werden es somit sicherlich einigermaßen schwer haben, sich im Haifischbecken der gefräßigen, aber meist nur nach Leckereien schielenden Proghörerschaft zu behaupten.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2006