CD Kritik Progressive Newsletter Nr.55 (04/2006)

Jerome Froese - Neptunes
(77:53, Moonpop Music, 2006)

Seit mittlerweile mehr als 15 Jahren bildet Jerome Froese bekanntlich zusammen mit seinem Vater den Kern des Elektronik-Klassikers Tangerine Dream. Nun war es endlich an der Zeit für ihn, sein eigenes Album aufzunehmen. Und ich muss sagen, ich bin in positivem Sinne überrascht, denn "Neptunes" stellt nicht einfach einen Abklatsch des erfolgreichen Bandprojektes dar. Nein, Froese junior bringt hier doch einige neue Elemente ein und das beinahe randvoll gepackte Werk ist tatsächlich eine rundum gelungene Veröffentlichung geworden. Natürlich gibt es einige Titel, die sich klar im Fahrwasser von Tangerine Dream bewegen. Aber eben nicht als müder Aufguss, sondern in ausgesprochen erfrischender Weise. Eine Aussage des Presseinfos irritiert mich doch ein wenig, dort ist nämlich die Rede davon, dass J. Froese innerhalb Tangerine Dream bedingt durch deren Sound enge Fesseln auferlegt wurden. Dies spricht natürlich weder für TD, noch für Jerome Froese selbst, denn wenn nicht in einer Band mit Vater und Sohn-Konstellation, wo denn sonst sollte er seine Ideen am besten einbringen können? Sei's drum, er hat jetzt sein eigenes Ding durchgezogen, und das Ergebnis ist aller Ehren wert. Atmosphärische Parts, bisweilen mit Stimmen unterlegt, dann wieder rhythmusbetonte Nummern, aber auch sehr schöne Melodien (wie zum Beispiel in "Through the moving light") fehlen nicht - das hat Klasse! Auch eine Akustikgitarre darf mal ran, wie im glänzenden "Sky lights", das mich ein wenig an "Force Majeure"-Zeiten erinnert. Bemerkenswert ist auch, dass ein Großteil des Albums auf der Gitarre eingespielt wurde, was man nun wirklich nicht ahnt, wenn man sich diese Elektronik-Musik zu Gemüte führt. Eigentlich spielt das aber auch keine Rolle, denn mir ist es egal, ob dies nun Synthis, Gitarren oder modifizierte Alphörner sind - Hauptsache ist doch, dass es gut klingt. Und das tut es auf die knapp 80 Minuten verteilt durchweg. Ob nun eindeutig als solche identifizierbare Gitarrensoli oder mittels Gitarre erzeugte Klanggemälde, Froese junior hat mit Neptunes ein Klasse-Debut hingelegt, das so manches TD-Album klar in den Schatten stellt. Weiter so!

Jürgen Meurer



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