CD Kritik Progressive Newsletter Nr.55 (04/2006)
Free Love - Incubus Plus 1
(29:53, Poseidon, 2001)
In der Kürze liegt die Würze. Warum das japanische Label Poseidon gerne CDs mit recht kurzer Laufzeit auf dem Markt bringt, erscheint zumeist etwas undurchsichtig, bei der CD von Free Love lässt sich dies jedoch ganz einfach erklären. Es handelt sich bei "Incubus" um das 2001 aufgenommene Demo dieser Band, welches man mit einem Bonustrack ergänzte und unter dem entsprechenden Namen "Incubus Plus 1" in digitaler Form nun unters Volk bringt. "Demo" klingt nach Proberaum, doch wartet dieses Album keineswegs mit einem dürftigen Sound auf, vielmehr wirkt dieser halbstündige Tonträger klanglich wie eine "echte" Veröffentlichung. Das Schlechte zuerst: wie so oft muss man bei japanischen Bands die Ohren ziemlich zudrücken, denn Frontmann Hiroaki Shibata eiert nicht nur einige mal sehr nahe an den richtigen Tönen vorbei, ihm fehlt meist einfach auch die stimmliche Power, um der Expressivität der Musik etwas Entscheidendes entgegenzusetzen. Doch was dafür über weite Strecken wirklich überzeugt, sind die instrumentalen Fähigkeiten, wie auch die stilistische Bandbreite, die Free Love abdecken. Da geht es mal rotzfrech und rhythmisch vorwärts treibend zurück zum 70er Jahre Hard Rock, wird spacig und riffig losgeröhrt, dabei auch souverän in die Orgel gegriffen oder man schwelgt bei "Sunrise" ganz verträumt im sinfonischen Retro Prog. Blöderweise holt einen der Gesang immer wieder recht schnell und sehr hart auf den Boden der Tatsachen zurück, wird das Potenzial von Free Love leider viel zu schnell relativiert. Mit nicht ganz korrekten Englisch künden Free Love an, was in nächster Zukunft noch von ihnen zu erwarten ist "We will released full studio CD". Da bereits der dramatische Retro Prog Bonustrack keinen Gesang mehr enthält, scheint die Band ihre Defizite erkannt zu haben. Wäre dem so, dann ist hier noch einiges zu erwarten.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2006