CD Kritik Progressive Newsletter Nr.54 (01/2006)
Random Touch - The elegance of falling
(47:52, Roadnoise Production, 2005)
So ungewöhnlich und avantgardistisch die Musik von Random Touch auch ist, und sicherlich der Verkaufserfolg ihrer Produktionen entsprechend eingeschränkt, lässt sich das Trio nicht davon abhalten, stetig neue CDs zu veröffentlichen und ihre extravagante Inspiration stets neu festzuhalten. Random Touch sind Christopher Brown (dr), James Day (key) und Scott Hamill (g). Brown und Day machen schon seit 34 Jahren zusammen Musik, überdrüssig scheinen sie sich nicht geworden zu sein, ihre im letzten Jahr präsentierte DVD (DVD) und die Abbildungen auf der CD Verpackung sind stets von lockerer, gelöster Haltung gekennzeichnet. War noch das DVD/CD Doppelwerk "The you tomorrow" aus dem letzten Jahr ein Musik/Film - Projekt ohne richtige Instrumente; Christopher Brown und James Day arbeiteten mit diversen Materialien wie Papier, Metall oder Holz und Bewegungen etc.; so ist das Trio wie vorher auf den Alben "A parade of dusty hobos" und "Hammering on moonlight" zu ihren ursprünglichen Instrumenten zurückgekehrt. Aber auch mit den "normalen" Instrumenten machen Random Touch keine "normale" Musik. Die Band bastelt an einem permanenten Unruheherd, entwirft ätherische, leidenschaftliche Parts, die ungemein bewegt und vital sind. "The elegance of falling" präsentiert keinen Jazzrock wie einst auf "Hammering on moonlight", ist stilistisch schlecht zu fassen, und wohl nur in der Jazzdurchwirkten freien Avantgarde festzumachen. Die latente Unruhe der Tracks, die sich aus endlos arbeitendem Schlagzeug, sphärischen Keyboardflächen und verhallten Gitarrentönen speist, schafft ungewisse tonale Situationen, die spannend wie ein Krimi sind, ohne aber eine melodische Handlung wachsen zu lassen. Als ziehe eine Lokomotive durch das Weltall, so klingen Rhythmus und das bewegte melodische Rauschen der Songs. Vordergründig ist das Geschehen sehr virtuos und extrem abstrakt, dabei jedoch nicht kalt oder technisch. Alles in den Songs lebt für den Klang, den Gesamteindruck, dem Eindruck des Ganzen, einer höheren Harmonie. In der aufgewühlten Atmosphäre geht es nicht um Songs oder Liedhaftigkeit, es geht um den Erhalt der Spannung. Im 3. Stück noch kann man eine Ahnung von Jimi Hendrix bekommen, wenn Scott Hamill plötzlich wie in Zeitlupe und tonal verfremdet ein bekanntes Thema des Gitarrenmeisters intoniert. Die Band stellt einige Fallen, zwar nicht noch einmal so konkret, wie im Hendrix-Fall, aber es machen sich hin und wieder Ahnungen auf. Einige Macken hat das Werk auch, so stört mich persönlich die überbetonte Basstrommel, die aus dem Klang herausklingt und zu sehr dröhnt. Zudem verliert das Album im späteren Verlauf durch Gleichlauf an Spannung, zu abstrakt sind die melodischen Muster, zu ähnlich der klangliche Eindruck. In einigen Parts gibt es die Gefahr der Belanglosigkeit auf Grund unveränderlicher Stimmung, aus der plötzlich wieder Spannung und Ausdruck wächst. Was mögen das für Bäume sein, wo die großen Elefanten spazieren gehen, ohne sich zu stoßen, sang ich als Kind. Hier muss es wohl heißen: was mögen das für Musiker sein, die uns eine Musik anbieten, die weitab von allem ist, was man als populär kennt. Gewiss längst nicht mehr jung, hat das Trio sich Kreativität und Inspiration bewahrt, nicht nur das, sie bringen es auch mit einigem technischen Geschick in ihrer eigenen Musiksprache unters Volk. Mutig, sich so zu präsentieren. Nicht dafür allein meine absolute Empfehlung.
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 2006