CD Kritik Progressive Newsletter Nr.54 (01/2006)
Quikion - Ramadan
(46:13, Poseidon / Musea, 2004)
"Ramadan" ist bereits das dritte Album des japanischen Folk-Trios Quikion (wenn ich das erste und längst nicht mehr erhältliche Mini-Album "Hallelujah! Early recordings" von 1997 zum 2000er Album "Yoru no Harp" rechnen darf).Und so wenig das Wort Ramadan zu Japan passt, so wenig ist die Musik von Quikion japanische Folklore. Einflüsse in der Folksuppe sind eher in der Französischen Minimalist School zu finden, bei Pascal Comelade oder Klimperei. Sängerin Totoki Yukiko (Concertina, Harmonium, Toys, Percussion), Oguma Eiji (Guitar, Bouzouki, Tampura) und Sasaki Emi (Accordion, Glockenspiel, Psaltery, Pianica, Toys, Percussions, Vocal) greifen auf weltweite Einflüsse zurück, integrieren in ihre Songs mal ein jugoslawisches oder ein rumänisches Motiv, spielen traditionelle pakistanische gegen englische Weisen aus oder nehmen "Die Ballade von der Höllen-Lili" von Kurt Weill auseinander. Die drei Musiker keinen keine Hemmungen und fügen alles zusammen. Und das wirkt ebenso, als würde ein begabtes schwedisches Trio asiatische Folklore hoch und runter verquicken. Emotional spannt das Trio seine seltsamen Songs ebenso. Von Lagerfeuer-Romantik über die Lebhaftigkeit schwelgerischer Zigeunerweisen bis zur Kühle dunkler Melancholie greift das Spiel. Quikion verstehen es, komische Sounds mit fröhlichen Strukturen, einsame Nebelkühle mit urwüchsiger Deftigkeit zu paaren. Dazu reicht ein Ausflug in ein russisches Dorf und die Rückkehr in die verrückte Berliner Unterwelt der 1920er Jahre, ein Auszug aus vorderorientalischer Rhythmusvielfalt und die Dürre eisiger skandinavischer Winterwälder. Aber das Album hat auch Schwächen. Das stets vordergründig aktive Akkordeon und Totoki Yukikos Stimme greifen zu viel Raum und sperren die anderen Instrumente aus, der Klangraum wird arm. Die japanisch gesungenen Gesanglinien, komisch genug, sind angenehm, keine Frage, und gewiss eher europäischer als asiatischer Natur. Doch seltsamer Weise bleibt die Betonung der Stimme japanisch. Auf Dauer geht das an die Nerven und vertreibt die eigentliche Kurzweil der Platte. Für Folk-Fans ist "Ramadan" ob seiner wilden Stilmixtur gewiss ein Muss, allein wegen der reichhaltigen Einflüsse.
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 2006