CD Kritik Progressive Newsletter Nr.54 (01/2006)

Mats / Morgan Band - Thanks for flying with us
(74:33, Cuneiform, 2005)

Es gehört schon jede Menge skurriler Humor dazu, dass sich der seit Geburt blinde Mats Öberg hier als Flugkapitän am Rande seiner Crew ablichten lässt. Doch wer die schwedische Band um den Keyboarder und seinen Sandkastenfreund Morgan Ågren (u.a. auch bei Kaipa als Schlagzeuger tätig) kennt, weiß, das sie nicht gerade Kinder von Traurigkeit sind und sich und ihre Umwelt nicht immer nur bierernst nehmen. Ganz im Gegensatz zu ihrer Musik, denn was die beiden zusammen mit Jimmy Ågren (Gitarre), Robert Elovsson (Keyboards) und Tommy Tordsson (Bass) abliefern, ist leicht nervöser, sehr verspielter, aber vor allem unheimlich flotter, modern klingender Jazz Rock / Fusion vom Allerfeinsten. Einen Großteil dieser CD stellten die Schweden übrigens bereits letztes Jahr live auf dem Freakshow Artrock Festival in Würzburg vor. Dabei vermengt die seit 2001 in dieser Besetzung spielende Band jede Menge Zutaten aus Rock, elektronischer Musik, eine Prise Funk und sogar einige Heavyriffs, so dass hier eine absolut brodelnde, äußerst spannende Mixtur fernab von irgendwelcher Nostalgie oder Vorausschaubarkeit entsteht. Auch wenn die Band meist unter Volldampf steht, bleiben auch seltene Momente der Besinnung, nämlich z.B. dann, wenn Mats Öberg in Stevie Wonder Manier in die Mundharmonika bläst. Doch vor allem die doppelte Keyboardbreitseite, die ein sehr breites klangliches Kaleidoskop an allen erdenklichen Tönen und Klangfarben fabriziert und dabei mitunter nicht immer ganz geschmacksicher auch mal ins quietschig-plastikhafte verfällt, verleiht der Band ihren typischen Sound. Die Rhythmusabteilung steht da nicht zurück und ersinnt mal versponnene, mal peitschende oder einfach nur knochentrockene Muster, die von schleppendem Stop-and-go Verkehr bis hin zu unkontrollierten Geschwindigkeitsfahrten auf der musikalischen Autobahn reichen. Ergänzt um programmierte Rhythmen entsteht dabei ein abwechslungsreiches Geflecht aus organischen und synthetischen Tönen. Auch bei den ausgewählten Gästen bewies man ein feines Händchen. Ob nun ätherische Stimmen oder orientalische Blasinstrumente, Kulturen und Genregrenzen spielen hier keine Rolle. Neben 12 Studiotiteln bekommt man übrigens auch noch als Bonus drei Livetitel, sowie eine Drumsession für das "Drumkit From Hell" geboten. In diesem Sinne kann man den Albumtitel ganz einfach noch ergänzen: "Enjoy your flight!"

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 2006