CD Kritik Progressive Newsletter Nr.54 (01/2006)
Yngve Guddal & Roger T. Matte - Genesis for two Grand Pianos Vol. 2
(52:00, Musea Records 2005)
Genesis sind eines der Fundamente des Progressive Rock. Das Gros der Prog Fans hat spätestens mit 14 Jahren die Band entdeckt und monate- oder jahrelang nichts so viel abgespielt wie die alten Platten der Band (so bis vor "Abacab" etwa). Die Hingabe zu der Band hat schon so manche Stilblüte getrieben, es gibt massenweise Coveralben und Bands, die wie Genesis klingen wollen, ihr Selbstverständnis im Erbe der Band sehen oder diesen ihren Altar niemals verlassen. Yngve Guddal und Roger T. Matte gehören zu den Jüngern der britischen Combo. Sie haben bereits zwei CDs mit eigenen Interpretationen von Genesis-Kompositionen veröffentlicht. Auf zwei Grand Pianos gespielt, bekommen die bekannten Songs ein anderes und eigenes Gesicht. Sicher werden die 7 Interpretationen auf der 2005 veröffentlichten 2. CD des Duos Genesis nicht den Rang ablaufen. Das wollen sie auch nicht. Jedoch ist der auf das Piano beschränkte Klang, sind die veränderten Arrangements der Songs interessant und machen die Qualität der Kompositionen anders bewusst. Vielleicht bekommt der Fan Lust, nach dieser CD mal wieder die alten Genesis LPs aufzulegen. Die pianistische Erinnerung ist jedoch nicht Nostalgie pur. Guddal und Matte finden zu eigener Energie und Dynamik. Die Songs erleben auf den Tasten ein neues Leben. Doch manches neue Arrangement geht daneben. Gesang, Gitarren, Keyboards und Rhythmen, diese vielen Facetten der starken Genesis Songs, schrumpfen im lediglichen Klang der angeschlagenen Pianosaiten zusammen. Das hat vor allem in der Interpretation der Gesanglinien schon mal peinlich aufgesetzte Lyrik, zu viel Bombast und eine seltsame Ahnung von melodieseligem Kitsch. Doch damit geht das Album nicht unter. Die beiden Pianisten verstehen es wohl, ihre Interpretationen und gewiss aufwendig umgeschriebenen Arrangements leidenschaftlich und mitreißend zu spielen. Wenn da nicht das stetige, perlende und durchaus virtuose Spiel wäre! Das klingt etwas aufgesetzt dramatisch, etwas zu viel hymnisch. Die Verneigung ist zu exakt, es fehlen die eigenen Akzente, die wirkliche Interpretation. Was Guddal und Matte geschrieben und gespielt haben, ist mit Sicherheit aufwendige Kunst, doch eigene Variation fehlt vollständig. Sture Prog-Freaks werden die CD als Variante akzeptieren, vielleicht lieben, aber das Original stets vorziehen. Etwas mehr Abstraktion, viel mehr Abwege von den vorgeschriebenen komponierten Linien und abstrakteres, bisweilen zurückgenommenes, lyrischeres Spiel hätten dem Ansinnen des Duos gut getan. Testen!
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 2006