CD Kritik Progressive Newsletter Nr.54 (01/2006)
Flamborough Head - Tales of imperfection
(51:48, Cylops, 2005)
Flamborough Head gehören definitiv zu den Idealisten im progressiven Underground, ohne deren Aktionismus die Progszene sicherlich um einiges ärmer wäre. Jedes Jahr im Herbst veranstalten sie ihr familiäres Progfarm Festival (Bericht zur diesjährigen Ausgabe im Konzertteil weiter vorne) und bieten somit vor allem Bands aus dem sinfonischen, neo-progressiven Bereich eine geeignete Auftrittsplattform vor einem internationalen "Fachpublikum". Doch dazwischen finden sie natürlich auch immer noch die Zeit, hin und wieder ein neues Album aufzunehmen, womit nach dreijähriger Pause seit der letzten Veröffentlichung "One for the crow" inzwischen ihr neuester Longplayer "Tales of imperfection" vorliegt. Grundsätzlich ist vieles im inhaltlichen Vergleich zu den Vorgängeralben beim alten geblieben. Die Holländer bevorzugen immer noch einen leicht folkig angehauchten Neo Prog, der vor allem auf sinfonische Elemente und butterweiche Wohfühl-Harmonien setzt. Von Beginn an umschmeicheln sie den Hörer mit ihren sanften, aber keineswegs konturlosen Klängen, die das sofortige Eintauchen in die Musik problemlos ermöglichen. Den sphärischen Keyboardteppichen von Edo Spanninga, der dieses mal mehr auf Mellotron- und Retrosounds setzt, werden von Sängerin Margriet Boomsma als Ergänzung deutlich mehr Flötentöne beigebracht, Gitarrist Eddie Mulder bricht dazwischen zu manch flirrend-weinerlichem Sololauf auf. Doch gerade im Vergleich zum etwas zu harmlos wirkenden Vorgängeralbum, hat "Tales of imperfection" endlich wieder mehr melodische Durchschlagskraft, verleiht vor allem die Konzentration auf hauptsächlich instrumentale Passagen und mehr Retro-Einfluss der Musik von Flamborough Head eine angenehme Neuorientierung. Komplexität und abrupte Wechsel sucht man bei den Holländern deswegen aber immer noch vergeblich. Sie setzen einfach auf ihre melodischen Stärken, wirken zwar hin und wieder einfach eine Spur zu brav, aber dadurch, dass sie sich selbst treu bleiben, verfügt "Tales of imperfection" eben über seine ganz eigene musikalische Logik und Kraft.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2006