CD Kritik Progressive Newsletter Nr.54 (01/2006)

Oliver Wakeman - Mothers ruin
(52:15, Progrock Records, 2005)

Ganz so wie sich Vater Rick inzwischen mehr auf ein Bandformat stützt, hat es ihm sein Sohn Oliver gleich gemacht. So ist "Mothers ruin" kein weiteres instrumentales Wakeman Soloalbum, sondern neben dem Tastenwirbler sind als feste Mannschaft noch David Mark Pearce (Gitarre), Moon Kinnaird (Gesang), Dave Wagstaffe (Schlagezug) und Tim Buchanan (Bass) mit an Bord. Liest man den Namen Wakeman, so kommen einem natürlich gleich die typischen Tastenläufe und opulenten Arrangements in den Sinn, wobei man auch beim ältesten Sprössling des Yes-Tastenmagiers nicht so ganz falsch liegt. Doch während bei "Jabberwocky" und "The hound of the Baskervilles", den beiden Zusammenarbeiten mit Clive Nolan, einfach zu viel auf die erschlagende Kraft und orchestralen Overkill der schwarzen und weißen Tasten gebaut wurde, ist "Mothers ruin" überraschenderweise weitaus weniger auf die Keyboards zugeschnitten. Vielmehr vermittelt dieses Album wirklich den Eindruck, als ob hier eine richtige, gleichberechtigte Band am Start ist. Auch wenn natürlich im Presseinfoblatt gleich die Progressive Rock Flagge geschwenkt wird, ist "Mothers Ruin" wesentlich deutlicher im melodischen Rockbereich angesiedelt und setzt vor allem auf "normale" Songformate, die aber sinfonisch und mit einigen inhaltlichen Ausschmückungen versehen wurden. Besonders die angenehme Stimme von Sänger Moon Kinnaird drückt dem Album ihren Stempel auf, solistisch aufgelockert von diversen Keyboard- und Gitarrensoli, die aber niemals überhand nehmen. Desgleichen greift Oliver Wakeman glücklicherweise nicht nur in den Topf der plastikhaften Schmalzsounds, sondern er beweist meist das rechte Gespür für die richtigen Sounds zur rechten Zeit. Ein weiterer Pluspunkt dieser Scheibe sind die starken, mitunter pathetisch überladenen Melodien, die sich ganz unvermittelt im Kopf festsetzen. Natürlich kann auch Oliver Wakeman nicht der Versuchung widerstehen, den Proghammer auszupacken und so ist das knapp 11-minütige, das Album abschließende, epische "Wall of water" genau dem Geschmack der angesprochenen Käuferschicht angepasst. In erster Linie ist "Mothers ruin" eine gute Rock-Scheibe, die logischerweise vor allem aufgrund des Namens Wakeman die rechte Beachtung finden wird.

Kristian Selm



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