CD Kritik Progressive Newsletter Nr.54 (01/2006)

Twilight - On the threshold of silence
(42:18, Lynx Music, 2005)

Ist man aus Polen in den letzten Jahren hauptsächlich die sinfonische Neo Prog Schiene gewohnt, so ist spätestens seit dem Auftauchen von Riverside ein gewisses Maß an Umdenken und Flexibilität gefordert. Die aus Krakau kommenden Twilight vertrauen ebenso einer atmosphärischen, gleichzeitig auch mehr gitarrenbetonten Interpretation, was man noch ganz grob unter dem Deckmantel Progressive Rock verstecken kann, wenn auch mit einer bei weitem weniger beeindruckenden Intensität. Doch der erste Höreindruck stellt den Zuhörer erst einmal vor eine ganz andere, nicht gerade leichte Herausforderung und ist, gelinde ausgedrückt, sehr gewöhnungsbedürftig. Das liegt keineswegs am soliden Sinfonic Rock und der teilweise härteren Gangart der polnischen Formation, sondern einfach am schmetternden, opernhaften Gesangsstil von Frontmann Jan Capinski. Schwanken die ersten Einschätzungen zwischen unglaublichem Staunen und unfreiwilligem Schmunzeln, so hat man sich spätestens nach den ersten Minuten mit diesem inhaltlich recht ungewohnten Beitrag arrangiert oder gedanklich bereits abgeschaltet. Technisch gibt es da wirklich nichts zu meckern, es wirkt jedoch reichlich unverhofft, wenn mit tremolierendem Organ der Musik einfach eine Prise zu viel Pathos und stilistischer Neuorientierung eingehaucht wird. Zwar wirkt die Musik von Twilight dagegen im Gesamteindruck eher bodenständig, solide und im Grunde genommen etwas unspektakulär doch der melancholische Rock des polnischen Quintetts kommt letztendlich als kompakte Mannschaftsleistung aus den Boxen, ohne einen vor Begeisterung vom Hocker zu reißen. Gut und handwerklich ordentlich, doch irgendwie auf seine Art auch recht überraschungsfrei. Ein interessantes Debüt mit eigenwilligem Gesang, leider nicht mehr.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 2006