CD Kritik Progressive Newsletter Nr.54 (01/2006)
Stream Of Passion - Embrace the storm
(53:50, InsideOut, 2005)
Neben seinem Hauptprojekt "Ayreon" findet Arjen Lucassen immer wieder von Zeit zu Zeit noch den musikalischen Freiraum, sich anderen Projekten zu widmen. Neben seinen diversen Gastauftritten (wie z.B. im Progumfeld bei Ars Nova, Erik Norlander oder Glass Hammer), ging es anno 2001 mit Ambeon bereits in mehr ambient-artige, elektronische Gefilde, während Star One ein paar Jahre später mehr soliden 70s Hard Rock in den Vordergrund stellte. Das neueste Steckenpferd des Holländers nennt sich Stream Of Passion, bei dem nicht nur eine richtige, international besetzte Band am Start ist, sondern Kontrollfreak Lucassen zum ersten mal instrumental lediglich als reiner Rhythmus- und nicht Leadgitarrist agiert. Ein Großteil der Beteiligten stammt aus dem direkten Ayreon bzw. Fan Umfeld, wie z.B. die mexikanische Sängerin Marcela Bovio oder die schwedisch-amerikanische Gitarristin Lori Linstruth. Gab es schon Befürchtungen in der Lucassen Fangemeinde, dass der Tausendsassa mit Stream Of Passion nun einen lauen Aufguss der momentan angesagten Gothic Rock Bands mit weiblicher Sängerin im Stil von Within Temptation oder Nightwish plane, so ist Stream Of Passion doch wesentlich eigenständiger geraten. Das Album ist unüberhörbar von modernen Einflüssen und Sounds dominiert, die 12 Songs auf "Embrace the storm" erinnern auf den ersten Blick nicht unbedingt an den typischen Lucassen Retro-Sound und seine Kompositionstechnik. So steht vor allem die helle, glockenklare Stimme von Marcela Bovio im Vordergrund, die übrigens ebenfalls als Co-Autorin fungierte. Untermalt von feinen Klavierlinien, groovigen Basslinien und rasiermesserscharfen Riffs, ist die Grundstimmung eher düster angelegt, dennoch dienen folkige und sinfonische Parts, sowie geschickte Stimmungs- und Tempowechsel als wohl dosierte Gegenpole. Dennoch haftet dem Album ein kleines Problem an: trotz ausgezeichneter Interpretation, mächtiger Melodiebögen und druckvoller Produktion klingen die Songs auf Dauer einfach von der Atmosphäre und den inhaltlichen Zutaten zu ähnlich. Mit den beiden Openern "Spellbound" und "Passion" startet das Album fulminant und verheißungsvoll, und unbestreitbar ist dies das bisher untypischste Projekt von Arjen Lucassen, dennoch fehlt es am langen Atem, die dieser guten Produktion den magischen Kick verleiht. Doch angesichts der momentanen Stimmungslage für diese Art von Musik und der gebotenen Qualität bestehen sicherlich größere Chancen auf eine allgemeinere Wahrnehmung und einem möglichen kommerziellen Erfolg.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2006