CD Kritik Progressive Newsletter Nr.53 (09/2005)

World's End Girlfriend - The Lie Lay Land
(78:44, Noble Records, 2005)

Im fernen Osten tut sich was. World's End Girlfriend zählen laut Pressinfo der Plattenfirma zur "nächsten Generation" von Musikern, denen es gelingt ein breites Fanspektrum aus den Bereichen abstrakte Musik, Post Rock, Avant Pop, Electronica und, man höre und staune, Techno(!) anzusprechen. Die vielköpfige Musikerschar ging bereits letztes Jahr erfolgreich auf Tour und trat in Taipeh, Hong Kong und Macao auf. Mit "The Lie Lay Land" legen sie ihr mittlerweile drittes Album vor. Und ganz so, als wollten sie gleich alle musikalischen Mauern niederreißen, beginnt ihr aktuelles Werk mit "Phantasmagoria moth gate", einer avantgardistischen Krachorgie, die alles niedermäht, bei der sich die Blasinstrumente zu einer Soundwand auftürmen, ekstatisch vorangetrieben von manischen Rhythmen. Au weia, wer soll das auf Dauer nur ertragen? Doch das folgende "We are the massacre" ist trotz des martialischen Titels von einem ganz anderen musikalischen Kaliber. Wunderschöne Melodien breiten sich sanft aus, die in ihrer verträumten Melancholie und Intensität unweigerlich an Sigur Rós erinnern. Doch die inhaltlichen Brüche gehen weiter. "Satan veludo children" erinnert mehr an soundtrack-artigen, kammermusikalischen Rock, bei dem klassische Instrumente und "normales" Rockinstrumentarium mit- und gegeneinander agieren. Gleichzeitig intensiv, aber immer wieder zu wunderbaren Melodien zurückkehrend. "Garden of the ceiling" nimmt wiederum den cineastischen Charakter auf, fragil, aber dennoch bestimmend. Auch die anderen Titel verbinden auf ganz eigene Weise verschiedenste Einflüsse, wobei glücklicherweise auf diesem Album nichts für Technojünger zu finden ist. So wechselt Experimentelles bis hin zu eindringlicher Melodik, finden sich Klangmalereien neben konkreten Ideen, folgen Wall Of Sounds auf einmal plötzliche intime, folkloristische Elemente. Die Sonne geht im Osten auf.

Kristian Selm



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