CD Kritik Progressive Newsletter Nr.53 (09/2005)

Der Trieb - Colours
(78:19, Privatpressung, 2005)

Wie mag es wohl klingen, wenn man die Einflüsse von Gong, Magma, Violent Femmes, Embryo, Miles Davis und The Clash in einen Topf schmeißt? Ganz einfach: so wie Der Trieb. Na ja, ganz genau betrachtet sind dies nur ein Teil der Einflüsse, die sich in der Musik in der aus dem Großraum Stuttgart stammenden Formation widerspiegeln. Denn so unterschiedlich die Inspirationsquellen, so unterschiedlich auch die Songformate und deren Interpretation. Die Bandbreite auf "Colours", dem ersten Album, der immerhin seit 1987 bestehenden Band, reicht von groovigen, songorientiertem Psychedelic Rock, krautigem Rock mit kleineren Jazzsprenklern, Country / Folk Ansätzen, Musik mit Garagenflair bis hin zu ausgiebigen Jams oder völlig freien Parts. Man muss ständig mit inhaltlichen Überraschungen rechnen, deswegen ist es dann auch nicht ganz so erstaunt, dass der Opener "Bronsky Beat" wohl eher zufällig an die Grundstruktur des Dead Kennedys Klassikers "Holiday in Cambodia" erinnert, während der Chorus Ähnlichkeiten zu "Hot patootie" aus der Rocky Horror Picture Show aufweist. Der manchmal etwas krude Mix aus verschiedensten Einflüssen zieht sich konsequent durchs ganze Album, als einziger roter Faden hinterlässt die leider etwas dünne, jedoch sehr direkte Produktion (das ganze Album wurde übrigens an einem(!) Nachmittag aufgenommen) gewolltes Underground Feeling. Andererseits verleiht gerade der spontane Livecharakter der Einspielungen dem Album einen sehr lebendigen Charakter, wirken die Jams und Instrumentalpassagen sehr lebhaft. Den größten Clou schießen Der Trieb, die sprachlich zwischen englisch und deutsch wechseln, jedoch mit der einzigen Coverversion auf diesem Album ab, bei dem die Kunstsprache kobaianisch bemüht wird. Na klar, kann es sich dabei nur einen Titel der französischen Kultformation Magma handeln. Der Trieb haben sich "Kobaia" vorgeknöpft, welches sie sehr frei, wesentlich grooviger und mit der Flöte als bestimmendes Instrument interpretieren. Damit lösen sie sich zwar vom Vorbild, bleiben aber stimmig in ihrem ganz eigenen, musikalischen Mikrokosmos. Dies bleibt jedoch der extremste Song auf "Colours", während Der Trieb ansonsten in der Grundausrichtung mehr im "normalen" 70s inspirierten Rockbereich mit all seinen Randerscheinungen verwurzelt sind. Auf der Homepage der Band kann man sich übrigens durch einige Soundschnipsel sein eigenes Bild machen.

Kristian Selm



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