CD Kritik Progressive Newsletter Nr.53 (09/2005)

Sieges Even - The art of navigating by the stars
(63:37, InsideOut, 2005)

Während andere Reunions in letzter Zeit für wesentlich mehr Wirbel und den entsprechenden Medienhype sorgten, ging Sieges Evens konzertante Rückkehr im letzten Herbst leider fast komplett unter. Bereits damals spielte das Quartett einige Ausschnitte aus dem bis dahin noch unveröffentlichten Studiowerk "The art of navigating by the stars", welches vom Publikum sehr gute Reaktionen bekam. Mittlerweile, rund acht Jahre nach ihrem letzten Longplayer "Uneven", liegt nun das neue Album mit mehr als 63 Minuten Musik vor. Die musikalische Sprache ist die gleiche geblieben, denn noch immer bestimmt virtuoser Prog Metal das Geschehen, nur das Vokabular wurde geändert. Statt Technik und der eigenen Vorgabe, möglichst viele Noten in einen Song zu packen, bestimmen inzwischen Songdienlichkeit, griffige Melodien und ein gewisses Augenmaß an innerer Kompaktheit das Geschehen. Dies heißt nun keineswegs, dass sich Sieges Even gänzlich zurücknehmen, doch wird das eigene Können viel mehr der Songidee untergeordnet, wirkt vieles subtiler, hintergründiger, aber keineswegs weniger beeindruckend. Ein weiterer Mosaikstein zu diesem mehr als gelungenen Comeback trägt der aus Holland stammende Sänger Arno Menses (übrigens seit jeher Sieges Even Fan!) bei. Nicht nur, dass auf den 86(!) Spuren des Albums einige für seine teils mehrstimmigen Gesangslinien reserviert wurden, auch im "Alleingang" kann sein kraftvolles, variationsreiches Organ überzeugen. Zudem schaffen es Sieges Even, ihre Songs, trotz Liedlängen zwischen 5-10 Minuten, nicht zu überladen zu gestalten. Vielmehr merkt man im nuancenreichen, teilweise auch akustischen Spiel, dass hier viel an Ideenvielfalt, aber auch Arrangementkunst einfloss. "The art of navigation by the stars" ist nicht unbedingt ein Album, welches beim ersten Anhören komplett mitreißt oder einem vor Beeindruckung die Kinnlade herunterklappen lässt. Vielmehr steckt hier die Kraft im mehrfachen Durchlauf, im langsamen, aber stetigen Versinken in der Musik.

Kristian Selm



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