CD Kritik Progressive Newsletter Nr.53 (09/2005)
Pineapple Thief - 10 stories down
(60:23, Cyclops, 2005)
Zweiter Versuch! Nachdem es bei der ersten Lieferung von Cyclops leider nur eine stampfende Dance Music Fehlpressung an Stelle des neuen Albums von Pineapple Thief gab (siehe Kritik zu "4 stories down" im letzten Heft), liegt durch die zweite Lieferung von der Insel mittlerweile das "echte" neue Album der Briten vor. Okay, um ganz genau zu sein, nennen sie sich inzwischen ganz medienwirksam THE Pineapple Thief, da es seit einiger Zeit ja so ungeheuer hip ist, sich mit dem "The" im Namen zu schmücken. Man möge mir verzeihen, dass ich den "The" Vorsatz aus reiner Faulheit einfach weglasse. Glücklicherweise geht die Anpassung an den Zeitgeist nicht konform mit dem Inhalt von "10 stories down", denn immer noch bestimmt moderner Alternative Rock gepaart mit analogen Keyboardsounds (Mellotron, Hammond, Fender Rhodes) sowie atmosphärischer Tiefe den Sound von Pineapple Thief. Selbst der ehemals von der Band eher als nervig eingestufte, immer wiederkehrende Vergleich mit Porcupine Tree wird inzwischen von der Plattenfirma mit gewisser Selbstironie zu eigenen Werbezwecken missbraucht. Als einziger markanter Unterschied zu den Vorgängeralben sticht einem sofort der insgesamt wesentlich songorientiertere Gesamtansatz ins Ohr, beinhaltet lediglich der 15-minütige, zweigeteilte Schlusstrack "Light up your eyes" ausufernde Instrumentalpassagen und atmosphärische Steigerungen. Dennoch sind die einprägsamen, aber niemals langweiligen Songs von Pineapple Thief weiterhin keine Meterware aus dem Chartseintopf. Auch wenn komplett auf Song und Melodie gesetzt wird, so lassen sie sich auch einfach mal über 5 Minuten Zeit, bis ihre melancholischen Ideen zu völliger Reife gefunden haben, während sich die Melodien unnachgiebig in den Ohren festsetzen. "Opfer" ist damit der immer weniger durchscheinende Prog / Space Rock Anteil, dafür experimentieren Pineapple Thief mit wesentlich moderneren Sounds, sowie teils rumpelndem, teils härterem Riffing. Es bleibt abzuwarten, ob auch endlich größere Labels durch "10 stories down" auf Pineapple Thief aufmerksam werden. Mit der entsprechenden Werbung wäre aus dieser Band sicherlich noch viel mehr herauszuholen, ist hier inzwischen etwas gereift, was breitenwirksam gehöriges Verkaufspotenzial besitzt. Alles in allem überzeugt "10 stories down" als songbasiertes Album, auch wenn man als Proggie natürlich den fast völlig verschwundenen langgedehnten Instrumentalpassagen durchaus eine Träne nachweint.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2005