CD Kritik Progressive Newsletter Nr.53 (09/2005)

Jean Pierre Louveton - Cannibales
(60:47, Privatpressung, 2005)

Hinter dem Namen Jean Pierre Louveton verbirgt sich der Gitarrist der französischen Formation Nemo, die gerade mit ihrem letzten Album "Prélude à la ruine" (Kritik in PNL Nr.50) eine formidable Scheibe im Bereich der härteren Interpretation des Progressive Rocks ablieferten. "Cannibales" ist das bereits dritte Solowerks des Saitenkünstlers und Sängers, der zur Begleitung neben Keyboarder Guillaume Fontaine noch einen weiteren Bandkollegen hinzuzog, während die Rhythmusmaschinerie von zwei Musikern außerhalb des Nemo Dunstkreises vorangetrieben wird. Natürlich verwundert es nicht, dass man hier einige Merkmale wiederfindet, die man von der Stammcombo Louvetons kennt, dennoch ist der rockmusikalische und vor allem gitarrendominierte Ansatz weit mehr ausgeprägt, sind die progressiven Einfälle mehr schmückendes, wenn auch keineswegs zu vernachlässigendes Beiwerk. Doch in erster Linie bewegt sich "Cannibales" im facettenreichen Rock / Hard Rock, wird hier mehrfach der Blick über den eigenen Tellerrand gewagt. Der Franzose bricht des öfteren aus festen Songstrukturen im Strophe / Chorus / Strophe Format aus und die Songs auf "Cannibales" beginnen vor allem in einigen ausladenden Instrumentalparts zu leben, die geschickt Härte, Atmosphäre und Melodik verbinden. Doch leider können die gesangsgeprägten Parts nicht die kompakte Ergänzung liefern. Dies liegt keineswegs am soliden, durchaus zur Musik passenden Gesang, sondern ist Zurückhaltung durch die unaufdringliche Kompositionsart begründet. Die Songs und prägnanten Riffs gehen gut ins Ohr, doch fehlt ihnen der letzte Pfiff, damit sie hängen bleiben bzw. sie rauschen einfach zu leicht durch die Gehörgänge. Das hört sich jetzt vernichtender an, als das Endresultat wirklich klingt, dennoch überzeugt das Material auf "Cannibales" einfach mehr in den solistischen bzw. instrumentalen Parts. Ein gutes Rockalbum ist "Cannibales" allemal, dennoch scheint Jean Pierre Louveton mit seinen Künsten besser bei Nemo aufgehoben.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 2005