CD Kritik Progressive Newsletter Nr.53 (09/2005)
Lizard - Tales from the artichoke wood
(49:02, Metal Mind Productions, 2005)
Lizard hatte ich zu Zeiten, als sie gerade mal ihr Debütalbum eingespielt hatten, zusammen mit Abraxas und Quidam auf einem der damals noch zahlreichen Festivals in Holland gesehen. Lizard starteten als Opener und waren für mich damals der eigentlicher Gewinner des Festivals. Doch anstatt gleich ein nächstes Album nachzulegen, wurde es danach zunächst mal sehr ruhig um sie, erst im letzten Jahr kehrten sie mit ihrem zweiten Album zurück. Mit den Geschichten aus dem Artischocken-Wald liegt nun ihr drittes Album vor. Vom englischen Titel sollte man sich nicht täuschen lassen, denn nach wie vor ist Gitarrist Damian Bylinski für die Gesangsparts zuständig, und die finden in Muttersprache statt, was auf unsereinen immer einen wenig flüssigen, eher sperrigen Eindruck macht. Das Line-Up ist mit einer Ausnahme im Vergleich zum Vorgängeralbum unverändert geblieben: der damalige Keyboarder stieg aus, stattdessen übernimmt jetzt der damals schon als Gastmusiker eingebundene Geiger Maciejowski auch die Tastenarbeit. Auf den ersten Blick macht das Album zunächst einen nicht allzu spektakulären Eindruck, doch mit der Zeit wächst es, so dass es mich mittlerweile durchaus überzeugen kann. Natürlich klingt es hin und wieder mal nach King Crimson, das ist ja bei Lizard nichts Neues. Dass sie gelegentlich mit ELP verglichen werden, kann ich hingegen gar nicht nachvollziehen. Die Tasteneinsätze scheinen so eingeplant zu sein, dass Lizard dies auch live spielen können, denn wenn Maciejowski zur elektrischen Geige greift, und das ist recht häufig der Fall, ist an der Tastenfront meist Ruhe angesagt. Aber wenn er mal in die Tasten greift, passt dies perfekt zum Gesamtsound. Dieser wird im wesentlichen von Bylinski vorgegeben, der mit mal sehr rockiger, mal Fusion-artiger Gitarrenarbeit dominiert, unterstützt von einer stark aufspielenden Rhythmustruppe. Lizard kommen selten übermäßig komplex rüber, wissen aber eine perfekte Balance zwischen kräftigen Rock-Songs, moderaten symphonischen Momenten und leicht frickeligen Fusionparts zu schaffen. Hierbei überzeugt neben Bandchef Bylinski auch der an David Cross, Ponty oder auch Ric Sanders erinnernde Violinist. Zwar spielen sie keinen Heavy Metal, trotzdem wundert es nicht, dass diese vitale Mixtur bei einem Label mit dem Namen Metal Mind landet. Gut gemacht!
Jürgen Meurer
© Progressive Newsletter 2005