CD Kritik Progressive Newsletter Nr.53 (09/2005)

Hot Fur - Hot Fur
(72:07, Musea, 1998)

Ein blauköpfiger Vogel, der mit lila Socken, aber ohne Beine als Anhalter an der Straße steht - was will uns dieses merkwürdige Cover wohl sagen? Auch die bizarre Geschichte im Booklet über das kleine Mädchen Mirandela und Heretz, den Helden aus dem großartigen Königreich Hertzovzylla, verschafft hier keine brauchbare Aufklärung. Da fällt es doch wesentlich leichter, sich auf den lebendigen Jazz / Prog Rock des 10-köpfigen, israelischen Musikerkollektivs Hot Fur einzulassen. Kopf des Ensembles ist Gitarrist / Komponist Lior Frenkel, der dieses anno 1998 ins Leben rief. Aus dem gleichen Jahr stammt auch dieses Album, welches Musea ergänzt um einen 2005 aufgenommenen Bonustrack wiederveröffentlichte. Frenkel studierte Jazz Musik und Komposition, seine Einflüsse reichen von Frank Zappa bis hin zu Miles Davis, wobei sich vor allem das zappaeske Gedankengut in seinen Eigenkompositionen wiederspiegelt. Dennoch umfasst seine stilistische Breite die Bereiche Rock, Jazz und Prog, wobei er immer wieder den Blick über den eigenen Tellerrand bis hin zu experimentellen Passagen wagt. Frenkel und seine Mitstreiter sind auf ihrem Debüt keinesfalls frickelige Ersttäter, vielmehr sind die gelegentlichen zackigen Bläsersätze, die solistischen Parts, die crimsonesk anmutenden Gitarrenlinien bzw. Soundscapes eher von angenehmer Zurückhaltung geprägt, erzeugen die 12 Tracks zu Beginn eine relaxte, leichtfüßige aber gleichzeitig auch sehr lebendige Atmosphäre, die im zweiten Teil mehr in mystische Traurig- und Bedrohlichkeit verfällt. Mitunter wird mal etwas jazzige Bar-Atmosphäre, aber auch einige würdevolle, pastorale Sequenzen eingestreut, in anderen Momenten kommen düstere Einfälle zum Tragen. Gesungen wird hier nur recht wenig, dennoch sind die Einfälle nicht zu eindimensional und können ebenfalls in rein instrumentaler Ausprägung überzeugen. Wer jedoch Virtuosität oder komplexe Rhythmen erwartet, wird hier nicht glücklich werden. Dennoch gefällt das titellose Debüt der Mannschaft aus Nahost vor allem durch seine Atmosphäre. Trotz zurückgenommener Spielweise sind die inhaltlichen Einfälle fein und überzeugen ineinanderverwoben. Ein Album für Grenzgänger, bei denen es nicht immer ständig abgehen muss.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 2005