CD Kritik Progressive Newsletter Nr.53 (09/2005)
Exsimio - Carbono 14
(48:34, Mylodon Records, 2005)
Exsimio stammen aus Chile, das ist ihrem Avantrockwerk "Carbono 14" deutlich anzuhören. Die Progszene Südamerikas bringt zumeist melodieselige Bands hervor, deren symphonische Arbeiten harmonisch und sanft sind. Anders die Bands aus Chile. Wie Tryo spielen Exsimio einen harschen, am ehesten mit King Crimson (ca. 1973/74) vergleichbaren Sound. Das Gros der Songs ist rein instrumental. Da durchforstet die Band schwer komplexe Gefilde und untermauert ihre 11 Ausflüge mit differenziertem, dynamisch kraftvollem Schlagzeugspiel. Hauptinstrument ist die elektrische Gitarre, deren zwei von Juan Ignacio "Iñaki" Varela und Claudio Corcione gespielt werden. Beide arbeiten mit heftig schrägen Tönen das Melodiegefüge aus, beide solieren über dem kochenden Gebräu mit irrwitzigen, radikalen Läufen. Beeindruckend ist die Melodiesprache der Songs. Die Kompositionen bemühen keinen Leichtlauf, sondern abstrahieren mit dissonanten und brutal schnellen und dabei ungewöhnlichen und angenehm eigenen Themen die Songs. Währenddessen entfachen Carlos Pérez (b, voc) und Fernando Jaramillo (dr) das Feuer, auf dem die Melodiesuppe kocht. Dynamische Rhythmussprünge und rasante Motivwechsel bringen die diversen melodischen Sätze kühn und dabei stets präzise und transparent ineinander, von einer Unzahl krachender Breaks genährt. In 3 Songs bringt Bassist Carlos Pérez Lyrics ein. Sein dahin geschmetterter Sprechgesang, eine weitere schwere Komponente dieser gefährlich klingenden Songs, fügt sich nonchalant und bissig in die Songs ein. In aller kraftvollen und brachialen Musiksprache transportieren Exsimio eine düstere Note und entwerfen zuweilen ausgeprägte Melancholie. Voll ins Geschehen versenkt und ganz in die Wildheit der Bandexkursionen vertieft, so scheint es, ist das Quartett. Die instrumentale Arbeit ist flüssig und alle ausbrechenden und zurückschnellenden Dynamikstauchungen und -explosionen sind auf den Punkt gespielt. Die Band hat geprobt! Und sich ein bemerkenswertes Denkmal gesetzt. Spielfreude mit zupackender Virtuosität und ein besonderer Sinn für das Verkanten der Rhythmen in den Kompositionen, allein und überhaupt die Idee der Synthese von urwüchsiger Härte und technischer Komplexität präsentieren eine herausragende Band. Kann ich nicht nur der King Crimson Gemeinde unbedingt empfehlen. Und - mal abgesehen von der Musik - das Cover ist eine Entdeckung für sich!
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 2005