CD Kritik Progressive Newsletter Nr.53 (09/2005)

Between - Einstieg Re-entry
(66:14, Wergo, 1971)
Between - And the waters opened
(53:55, Wergo, 1973)

Eine Faszination des Musikhörens steckt für mich darin, immer wieder Neues oder Schätze aus der Vergangenheit zu entdecken, den eigenen Horizont zu erweitern, auch wenn dies nicht unbedingt mit dem eigenen Gefallen einher geht. Und so geht bei dem Musikerkollektiv Between, einer multi-kulturellen Band, die bei ihrem Debüt aus sechs Musikern aus vier verschiedenen Nationen bestand, die interessante Klangreise weit zurück in die 70er. Die Gruppe wurde 1970 in München von Peter-Michael Hamel (Piano, Orgel) ins Leben gerufen, der eine völlig neue musikalische Richtung schaffen wollte, weit ab von dem, was damals unter den Wertungen "U- und E-Musik" lief. Zusammen mit dem Violinisten Ulrich Stranz, dem argentinischen Gitarristen Roberto Détrée, sowie dem klassisch ausgebildeten Robert Eliscu an der Oboe bildeten diese den Kern des recht ungewöhnlich besetzten rockmusikalischen Kammerorchesters. Für das erste Album stießen noch der US Percussionist Cotch Black sowie der irische Flötist James Galway hinzu. Dabei lag die musikalische Grundlage des Musikerensembles meist in Improvisationen, sowie der Verschmelzung von klassischem und elektrischem Instrumentarium, dem Gedanken, Avantgarde mit Pop(ular)kultur zu verbinden. "Einstieg", das in der staatlichen Musikhochschule in München aufgenommene Debüt, besteht zum Großteil aus kürzeren Stücken, die meist von Percussion vorangetrieben, eine interessante, sehr flüssige Symbiose aus moderner Klassik, Folkeinflüssen aus verschiedenen Kulturkreisen und offener Rockmusik eingehen. Auch wenn die Musik ganz dem Namen der Gruppe folgend irgendwo "zwischen" allen bis dato angeeigneten Hörgewohnheiten liegt, der improvisative Charakter mal mehr, mal weniger durchscheint, so wirken die atmosphärisch dichten Kleinkunstwerke meist doch recht gut anhörbar. Mitunter erinnern die Ideen an die weniger elektronischen Alben von Popol Vuh zu jener Zeit und interessanterweise trat Robert Eliscu später auf einigen derer Alben als Gastmusiker auf. Natürlich entsteht durch die völlige Losgelöstheit der einzelnen Beteiligten auch einiges an verkopftem, strukturlos erscheinenden freimusikalischen Schaffen, was nur schwerlich anhörbar bleibt und dem zudem die rechte Inspiration fehlt. Doch sind feste Strukturen ungefähr in gleichem Ausmaße vertreten, was den Spagat zwischen Atonalität und Melodie erträglich macht. Richtig wild wird es nur beim 9 ½ minütigen Avantgarde Streifzug "Space ship Trip 1", wo wirklich die Unstrukturen sehr weit ausgelotet werden. Der Nachfolger "And the waters opened" wartet zuerst einmal mit kleineren Besetzungswechseln auf. Galway und Stranz kehrten beide zur klassischen Musik zurück und wurden durch Walter Bachauer (Electronics) und Duru Omson (Flöte, Percussion, Gesang) ersetzt. Das Album ist vom Ansatz her keinesfalls so radikal und wirkt inhaltlich wesentlich zurückgenommener, dafür oder vielleicht auch gerade deswegen in sich schlüssiger. Die Band lebt sich in wesentlich längeren, elektronisch geprägten Improvisationen, aber als Gegensatz auch in meditativer Ruhe aus. Die Stimmungstiefe reicht dabei von spannender Zurückgenommenheit bis hin zu teils intensiver Instrumentenbearbeitung. Das Interessante bleibt dabei jedoch das Zurückgreifen auf verschiedenste Elemente, die von indischer Musik, Elektronik und bis hin zu südamerikanischer Rhythmik reichen, wobei die Titel dennoch sehr organisch und harmonisch wirken. "And the waters opened" bietet quasi gehaltvolle, hypnotische New Age Musik, noch bevor dieser Begriff überhaupt erfunden war. Die digitale Neuauflage wurde übrigens mit Bonustracks sowie ausführlichen biografischen Rückblicken versehen, was den interessanten Blick in die ganz eigene Welt von Between bestens abrundet.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 2005